Abgeordnete üben erneut heftige Kritik an Guantanamo

Fünf Jahre Missachtung der Menschenrechte

Zum fünften Jahrestag der Errichtung des US-Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba haben Vertreter von Bundestagsparteien erneut dessen Schließung gefordert. Das Lager, in dem die Vereinigten Staaten mutmaßliche Terroristen festhalten, stand von Anfang an in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie amensty international. Seit Januar 2002 sind Menschen aus etwa 45 verschiedenen Ländern in Guantánamo Bay gefangen gehalten worden. Derzeit befinden sich dort noch Gefangene aus etwa 35 Staaten. Die größten Gruppen bilden Afghanen, Saudi-Araber und
Jemeniten.

 (DR)

Der menschrechtpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christoph Straesser, sprach am Mittwoch in Berlin von einer grausamen und unmenschlichen Behandlung der Gefangenen, die gegen die UN-Anti-Folter-Konvention verstoße. Mit dem Lager beschädigten die USA ihre eigene Glaubwürdigkeit und die des gesamten Westens. Der außenpolitische Experte der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, warf den USA vor, sie hätten mit der Errichtung eklatant die Menschenrechte verletzt und sich "außerhalb gültiger Rechtsnormen der gesamten westlichen Welt gestellt".

Die Direktorin des Deutschlandbüros von Human Rights Watch (HRW), Marianne Heuwagen, forderte die Regierungen in Europa auf, in Sachen Guantanamo "eine moralische Führungsrolle zu übernehmen". Die Bush-Regierung habe inzwischen selbst eingesehen, "was für ein politisches Desaster" das Gefängnis darstelle. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft "könnte den Amerikanern anbieten, dass Europa ein paar der Guantanamo-Häftlinge aufnimmt", fügte Heuwagen hinzu. Die Europäer würden an Einfluss gewinnen, wenn sie nun den USA helfen würden.

Die US-Bundespolizei FBI hatte Anfang des Jahres 26 Fälle möglicher Misshandlung von Häftlingen sowie Koranschändungen im Gefangenenlager dokumentiert. Nach Angaben des US-Militärs befinden sich gegenwärtig elf Gefangene im Hungerstreik.