Abgeordneten-Seelsorger sieht Belastungen wegen Ukrainekrieg

"Keiner kommt mit weißer Weste da raus"

Die politischen Entscheidungen in Reaktion auf den Ukraine-Krieg gehen Bundestagsabgeordneten sehr nah, meint der Vertreter der Evangelischen Kirche in Berlin, Martin Dutzmann. Ein brisantes Thema bleiben Waffenlieferungen.

Autor/in:
Corinna Buschow
Der Bundestag hat sich in einer Abstimmung gegen eine Impfpflicht gegen das Coronavirus entschieden  / © Kay Nietfeld (dpa)
Der Bundestag hat sich in einer Abstimmung gegen eine Impfpflicht gegen das Coronavirus entschieden / © Kay Nietfeld ( dpa )

"Die damit verbundenen Fragen belasten die Abgeordneten sehr", sagte Martin Dutzmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). "So ethisch plausibel es ist, der Ukraine Waffen zu liefern, bleiben doch bei fast allen Zweifel", ergänzte Dutzmann.

Abgeordnete fragten sich, ob dies den Krieg länger und blutiger mache oder Waffen in Hände gerieten, "wo wir sie nicht wissen wollen". "Die Abgeordneten spüren, dass man bei diesem Thema nicht mit einer weißen Weste herauskommt", sagte Dutzmann, der in der kommenden Woche in den Ruhestand verabschiedet wird.

Verständnis für und gegen Waffenlieferungen

Der Theologe selbst äußerte Verständnis für die Entscheidung für Waffenlieferungen an die Ukraine. "Der Rat der EKD hat eine klare Haltung, was das Recht auf Selbstverteidigung der Ukraine angeht", sagte er. Gleichzeitig betonte er, dass einzelne Vertreter wie der EKD-Friedensbeauftragte Friedrich Kramer eine andere Auffassung hätten, habe "auch sein Recht".

Martin Dutzmann (M) und Prälat Karl Jüsten (r) empfangen Angela Merkel zum ökumenischen Gottesdienst / © Britta Pedersen (dpa)
Martin Dutzmann (M) und Prälat Karl Jüsten (r) empfangen Angela Merkel zum ökumenischen Gottesdienst / © Britta Pedersen ( dpa )

"Letztendlich bleibt uns Christen die Gewaltlosigkeit aufgegeben", sagte Dutzmann und ergänzte: "Nur ist es in der derzeitigen Situation keine Lösung, keine Waffen zu liefern, weil sonst die Unterdrückung eines Landes droht."

Dutzmann ist seit Oktober 2013 Bevollmächtigter der EKD in Berlin und Brüssel. Er vertritt dort jeweils die Interessen der evangelischen Kirche und ist zugleich Seelsorger für Politikerinnen und Politiker. Er habe in seiner fast neunjährigen Amtszeit viel Offenheit für Anliegen der Kirche erlebt, sagte der 66-Jährige rückblickend. In dem Punkt sehe er bislang auch keine Änderungen bei der neuen Bundesregierung.

Herausforderungen für die Kirchen

Zwar habe die Hälfte der Mitglieder des aktuellen Kabinetts den Amtseid ohne religiösen Zusatz gesprochen. "Aber das bildet eben auch die Situation in der Bevölkerung ab: Es gibt nur noch knapp 50 Prozent kirchengebundene Christen in Deutschland", sagte der Prälat.

Dennoch sieht Dutzmann in dieser Wahlperiode Herausforderungen für die Kirchen. "Die Ablösung der Staatsleistungen kommt jetzt in Gang", sagte er. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will die aus einer historischen Entschädigung stammenden jährlichen Zahlungen beenden.

Viele kirchenpolitische Änderungen

Zudem wolle die neue Bundesregierung das kirchliche Arbeitsrecht mehr dem allgemeinen Arbeitsrecht anpassen, sagte Dutzmann: "Das wird sicherlich Auseinandersetzungen geben."

Außerdem komme auf Kirche und Gesellschaft wieder die Diskussion über den Schwangerschaftsabbruch zu. "Und grundsätzlich stellt sich die Frage, wie eine kleiner werdende Kirche sich auch künftig in der Politik Gehör verschaffen kann", sagte Dutzmann, der am kommenden Mittwoch beim traditionellen Johannisempfang der EKD feierlich verabschiedet werden soll.

Spenden für Opfer des Krieges in der Ukraine

Viele Menschen möchten den Opfern des Krieges in der Ukraine möglichst konkret helfen. Fachleute halten Geldspenden beinahe immer für den besseren Weg als Sachspenden. DOMRADIO.DE hat eine Liste mit Spendenmöglichkeiten erstellt.

Wer einen Geldbetrag spenden möchte, sollte diesen am besten einer oder maximal zwei Organisationen zukommen lassen. Das mindert den Werbe- und Verwaltungsaufwand der Organisationen.

DOMRADIO.DE empfiehlt Spenden an folgende Hilfsorganisationen:

 

Caritas International

Hilfsbereitschaft für die Ukraine / © Halfpoint (shutterstock)
Hilfsbereitschaft für die Ukraine / © Halfpoint ( shutterstock )
Quelle:
epd