DOMRADIO.DE: In Ihrem Abgeordnetenbüro in Berlin hängt neuerdings ein Kreuz, das aus dem Dachbalken des Geburtshauses von Papst Benedikt XVI. gefertigt wurde. Wie sieht denn dieses Holzkreuz aus?
Michael Brand (Mitglied des Deutschen Bundestages/ CDU): Das ist ein ganz schlichtes, wunderbares Holzkreuz aus dem Balken des Hauses in Marktl am Inn. Ich würde sagen, es hat auch etwas von Papst Benedikt, weil er auch so ein einfacher Mensch war: Er war blitzgescheit, aber er war auch einer, der auf Augenhöhe unterwegs war.
Insofern glaube ich, passt das ganz gut. Es ist aus Naturholz, trägt einen schönen Schriftzug und es hat jetzt seinen Platz in Berlin gefunden.
DOMRADIO.DE: Wo hängt es denn genau? Auch auf Augenhöhe?
Brand: Ja, es hängt auf Augenhöhe bei mir im Bundestagsbüro in Berlin. So war es gedacht. Das war eine richtig schöne Freude, die mir das Geburtshaus aus Marktl gemacht hat.
DOMRADIO.DE: Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen?
Brand: Ich hatte vor einigen Monaten nach dem Tod des Heiligen Vaters gelesen, dass man in Marktl am Inn Holzkreuze aus diesen Balken gefertigt hatte. Ich habe dann Kontakt mit dem theologischen Leiter des Geburtshauses, Franz Haringer, aufgenommen. Er sagte mir, dass diese Kreuze eigentlich nicht verkäuflich seien und man sie nur Mitarbeitern zu bestimmten Anlässen schenke, etwa bei Verabschiedungen.
Aber dass ich es mit nach Berlin in mein Abgeordnetenbüro nehmen wollte, war ihm dann offenbar auch eine Ehre. So kamen der Kontakt auch mein Besuch in Marktl zustande. Insofern war das ein schönes Ereignis, weil es mir diese Begegnung gebracht hat und natürlich auch eine tiefere Beschäftigung mit Papst Benedikt.
DOMRADIO.DE: Sie sind Benedikt XVI. auch persönlich begegnet: Warum hat er für Sie eine so große Bedeutung, dass Sie sich ein Holzkreuz aus seinem Geburtshaus gewünscht haben?
Brand: Zum einen war Papst Benedikt 2011 zu Gast im Deutschen Bundestag. Das war das erste Mal, dass ein Papst vor dem deutschen Parlament gesprochen hat und dann auch noch ein Landsmann. Das war eine historische Stunde. Für mich war es eine echte Sternstunde in unserem Parlament. Seine Worte haben lange bei mir nachgeklungen: Er hat bei uns politisch Verantwortlichen an unser Gewissen appelliert. Er hat uns ein "hörendes Herz" empfohlen, die Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden und so wahres Recht zu setzen, der Gerechtigkeit und dem Frieden zu dienen.
Mich haben auch der Lebensweg von Papst Benedikt und seine bescheidene Art berührt. Ich habe ihn fünf Tage vor seiner überraschenden Rücktrittsankündigung 2013 in Rom getroffen. Ich muss sagen, seine wachen Augen, sein blitzgescheiter Verstand und seine bescheidene und herzliche Art haben mich tief berührt. Ich habe ihn ganz anders erlebt, als er damals in der Öffentlichkeit oft dargestellt wurde. Das hat in mir etwas ausgelöst.
Dieses Kreuz erinnert mich an ihn und es ist natürlich auch ein Zeichen der Hoffnung und der Erlösung für uns als Christen. Insofern verbindet mich mit diesem Papst eine ganze Menge. Damals in Rom habe ich festgestellt, dass er die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen in Deutschland sehr interessiert verfolgt hat.
DOMRADIO.DE: Bis heute sind aber noch viele Fragen offen, was Ratzingers Umgang mit Missbrauchstätern in seinem Bistum München und Freising als Erzbischof angeht. Schmälert das in Ihren Augen nicht sein Vermächtnis?
Brand: Es ist wie so oft: Wo es Licht gibt, gibt es auch Schatten. Natürlich muss man sich auch diesen unangenehmen Fragen stellen. Es gab eine Diskussion um diesen Brief und um Teilnahmen bei Sitzungen, die dann widerrufen wurden. Das darf man nicht ausblenden.
Ich finde nur, man darf es auch nicht darauf begrenzen. Das wäre ein Fehler, denn dieser Papst hat nicht nur als Theologe gewirkt, sondern auch durch seine einfache, herzliche und sehr tiefgehende Art. Ich denke, man muss der Person insgesamt gerecht werden.
Es gab in den letzten Monaten und Jahren auch maßlose Kritik. Ddamit meine ich nicht die Missbrauchsfälle. Vielmehr gibt es viele, die auf diesen Zug aufspringen, weil sie Gegner der Kirche sind. Ich finde, das wird der Kirche nicht gerecht, es wird Papst Benedikt nicht gerecht und es wird auch den vielen Pfarrern vor Ort nicht gerecht, den Engagierten in der Kirche, die so vieles tagtäglich zum Guten bewegen, worüber oftmals nicht gesprochen wird.
Ich finde, auch darüber sollte man sich Gedanken machen und sich vielleicht auch in Dankbarkeit mit engagieren. Die Kirche sind nicht allein einzelne Personen, sondern da ist die Gemeinschaft gefordert. Und das ist für mich als Christ wichtig.
Das Interview führte Tim Heelsen.