KNA: Herr Prälat Klaschka, Sie haben selbst lange in Mexiko gelbet. Was erwarten die Mexikaner vom Papst?
Bernd Klaschka: Das ist unterschiedlich. Die politische Elite erwartet vom Papst, dass er respektvoll mit den Beziehungen zwischen dem Staat Mexiko und dem Vatikan umgeht, die lange Zeit sehr problematisch waren. Einen offiziellen rechtlichen Status hat die katholische Kirche in Mexiko schließlich erst seit gut 25 Jahren. Bei den Menschen aus der normalen Bevölkerung, mit denen ich gesprochen habe, spürt man indes die Hoffnung, dass der Papst die herrschenden Probleme im Land offen, direkt und ohne Angst anspricht: Korruption, Drogenhandel, fehlende Bildung und Investitionen sowie die Menschenrechtslage.
KNA: Was kann der Papst Ihrer Meinung nach tatsächlich bewirken?
Klaschka: Mexiko ist eines der katholischsten Länder überhaupt. Darum bin ich überzeugt, dass man auch bis in die höchsten politischen Kreise hinein nicht einfach über die Meinung des Papstes hinweggehen kann. Auch von der Kirche selbst erwarte ich, dass sie auf Stimme von Franziskus hört. Er wird durch seine Auftritte wie etwa in San Cristobal de las Casas pastorale Initiativen fördern, damit sich in Mexiko wirklich eine Kirche der Armen Bahn brechen kann. Die Kirche sollte sich für die verschiedenen Kulturen des Landes und ganz Lateinamerikas öffnen - und nicht nur für die europäische Sichtweise eintreten.
KNA: Was bedeutet das für das priesterliche Leben?
Klaschka: Die indigenen Kulturen tun sich damit sehr schwer. Sie haben ein anderes Menschenbild mit dem Mann als Vater und der Frau als Mutter. Erst eine solche Konstellation führt bei ihnen zur Erfüllung der Existenz. Ist das nicht gegeben, wird ein Mann nicht als Mann, eine Frau nicht als Frau angesehen. Darum ist die zölibatäre Lebensform in solchen Kulturen nicht die angebrachte Lebensform. Priester sind für die Kirche wichtig, aber man muss auch Diskussionen über neue Formen des priesterlichen Lebens zulassen.
Das Interview führte Alexander Pitz.