epd: Äbtissin Dannenfeld, Sie leben im Kloster im Hochwassergebiet. Was bereitet Ihnen am meisten Sorgen?
Simone Dannenfeld (Äbtissin des Klosters Wienhausen bei Celle): Problematisch ist bei uns zum einen, dass wir sehr nah an der Aller liegen und der Klosterpark entsprechend in weiten Teilen unter Wasser steht. Zum anderen haben wir einen für Zisterzienserklöster typischen Küchengraben, der mitten durch unser Gelände geht und indirekt auch beidseitig von der Aller gespeist wird.
Diese Gräben waren im Mittelalter eine Hygieneeinrichtung, in der man beispielsweise Küchenabfälle wegspülen konnte. Zusammen mit dem zusätzlich drückenden Grundwasser war die Situation nun echt dramatisch.
Fürs Erste sind wir aber zum Glück gerettet. Das haben wir Heerscharen von irdischen Engeln der Feuerwehren aus verschiedenen Orten, des THW, anderer Hilfsorganisationen und des Krisenstabs der Samtgemeinde Flotwedel zu verdanken. Unsere Ortsfeuerwehr hat uns auch schon vor dem direkten Einsatz betreut. Wir sind allen sehr dankbar.
epd: Sie haben im Kloster zahlreiche Kunstgegenstände. Das Heilige Grab mit einer Christusfigur aus dem 13. Jahrhundert ist nur eines der besonders bedeutenden. Wie ist das Kloster jetzt abgesichert worden?
Dannenfeld: Wir haben einen mobilen Deich bekommen. Des Weiteren laufen nach wie vor Pumpen, um den Küchengraben auf einem annehmbaren Level zu halten. Das Allerwasser steht noch am Deich und wir sind nach wie vor in Betreuung der Feuerwehr.
Wir sind froh, dass bisher kein Grundwasser direkt ins Klostergebäude gedrückt hat. Und alle hoffen, dass es jetzt keine stärkeren Regenfälle mehr gibt. Bereits am 27. Dezember haben wir alles, was nicht niet- und nagelfest ist, in den ersten Stock gebracht.
Dabei haben uns Restauratoren der Klosterkammer geholfen, die genauso wie eigene Mitarbeiter trotz ihres Urlaubs gekommen sind. Der Konvent, Gäste im Haus, unsere ukrainische Gastfamilie – alle waren im Einsatz, unser Hausmeister jeden Tag.
Für mich selbst war es ein bewegender Moment, gemeinsam mit der Leiterin der Restaurierungsabteilung eine Prozessionsmadonna von 1470 nach oben zu tragen. Auch als Äbtissin kommt man den Skulpturen sonst ja nicht so nahe. Man sieht die Locken auf dem Hinterkopf, spürt das Gewicht. Die Figur ist plötzlich lebendig.
Nun steht Maria im Nonnenchor und lächelt aus dem Chorgestühl. Manche Gegenstände kann man nicht ohne Weiteres transportieren. Dazu zählt unser "Heiliges Grab". Es wurde von den Restauratoren aufgebockt, genauso wie die eine oder andere mittelalterliche Truhe.
epd: Das Kloster wurde vor fast 800 Jahren gegründet und hat bereits Hochwasser erlebt, welches Wissen von damals zahlt sich bis heute aus?
Dannenfeld: Vor allem war man so klug, die deutlich ältere romanische Gemeindekirche und das daran angebaute gotische Kloster auf einer kleinen Anhöhe zu errichten. Dadurch steht die Aller nicht so schnell im Kerngebäude. Im Mittelalter wurde das untere Geschoss klugerweise weitgehend für wirtschaftliche Zwecke genutzt. Und zum Glück gibt es im Kerngebäude keinen Keller.
Die Anbauten der späteren Jahrhunderte liegen aber recht tief und sind jetzt gefährdeter. Heute haben wir das Privileg, dass überall Elektrik verbaut ist, die zum Beispiel auch dabei hilft, unsere Museen zu klimatisieren. Bei Hochwasser kann das aber natürlich auch zum Problem werden.
Das Interview führt Karen Miether (epd).