Ärzte ohne Grenzen zum Krieg in der Zentralafrikanischen Republik

"Es droht Gewalt im ganzen Land"

In der Zentralafrikanischen Republik droht nach Einschätzung von "Ärzte ohne Grenzen" eine Ausbreitung der Gewalt auf das ganze Land. Immer mehr Regionen würden von Kämpfen erschüttert, sagte Landeskoordinator Marc in der Hauptstadt Bangui.

Gewalt in Zentralafrika / © Jerome Delay (dpa)
Gewalt in Zentralafrika / © Jerome Delay ( dpa )

"Im Süden, wo es zwei Jahre lang relativ ruhig war, kämpfen bewaffnete Gruppen jetzt seit einiger Zeit erneut", berichtete Marc. Leidtragend sei die Zivilbevölkerung, die beispielsweise kaum mehr Zugang zu medizinischer Versorgung habe. So blieben in der derzeit einsetzenden Regenzeit viele Malariafälle unbehandelt, mit vermutlich tödlichen Folgen.

Seit vier Jahren Krieg

In der Zentralafrikanischen Republik herrscht seit vier Jahren Krieg zwischen mehreren Milizen. Eine 2015 geschlossene Waffenruhe ist brüchig. In mehreren Regionen sei die Lage dramatisch, sagte Marc. Seine Organisation habe am Donnerstag Medikamente und medizinisches Personal in die südliche Stadt Bangassou geflogen. Dort waren am Wochenende Tausende Bewohner vor Kämpfen aus ihren Häusern geflohen.

100 Patienten am Tag

Derzeit sei die Lage angespannt, aber ruhig genug, um Verletzte zu behandeln. "Viele Opfer stehen unter Schock", sagte Marc. "Eine Frau, die im fünften Monat schwanger ist, musste zusehen, wie ihr Mann ermordet wurde, danach wurde sie so schwer zusammengeschlagen, dass sie kaum noch gehen konnte." In Bangassou würden etwa 100 Patienten am Tag behandelt, allen voran Kinder.

Zu wenig Wasser, Zelte und Latrinen

Gefechte gibt es Marc zufolge auch im Zentrum des Landes. So seien seit Montag geschätzt 15.000 Menschen aus der Region rund um die Stadt Bria geflohen. Die Lager, in denen die Flüchtlinge untergekommen seien, hätten zu wenig Wasser, Zelte und Latrinen. Deshalb drohe der Ausbruch von Krankheiten. "Wir sind am Rande unserer Kapazitäten", betonte Marc: "Es gibt immer mehr Orte, wo unsere Hilfe gebraucht wird, während die Lage sich andernorts aber nicht entspannt."

Hunderttausende Menschen auf der Flucht

"Ärzte ohne Grenzen" nutzt Marc zufolge in Absprache mit der Regierung 13 staatliche Krankenhäuser und 37 Gesundheitsstationen. Das staatliche Gesundheitssystem ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs vor vier Jahren weitgehend zusammengebrochen. Hinter der Gewalt im Land stecken Rebellengruppen, die seit dem Sturz von Präsident François Bozizé 2013 gegeneinander kämpfen. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Die UN haben knapp 10.000 Soldaten und fast 2.000 Polizisten in der Zentralafrikanischen Republik stationiert. Das Land ist eines der ärmsten der Welt.

Marc Engelhardt


Quelle:
epd