Aiwanger dementiert Verfassen von antisemitischem Flugblatt

"Ekelhaft und menschenverachtend"

Der bayerische Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat Vorwürfe zurückgewiesen, wonach er als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst haben soll. Vielmehr seien ihm Exemplare des Papiers in die Schultasche gesteckt worden.

Hubert Aiwanger / © Peter Kneffel (dpa)
Hubert Aiwanger / © Peter Kneffel ( dpa )

"Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend", erklärte Aiwanger (Freie Wähler) am Samstag in München. Der Verfasser des Papiers sei ihm bekannt und werde sich selbst erklären. "Weder damals noch heute war und ist es meine Art, andere Menschen zu verpfeifen."

"Distanziere mich vollends von dem Papier"

Als er ein minderjähriger Schüler war, seien in seiner Schultasche "ein oder wenige Exemplare" gefunden worden. "Daraufhin wurde ich zum Direktor einbestellt. Mir wurde mit der Polizei gedroht, wenn ich den Sachverhalt nicht aufkläre. Meine Eltern wurden in den Sachverhalt nicht eingebunden", erklärte Aiwanger. "Als Ausweg wurde mir angeboten, ein Referat zu halten. Dies ging ich unter Druck ein. Damit war die Sache für die Schule erledigt."

Hubert Aiwanger (dpa)
Hubert Aiwanger / ( dpa )

Er könne sich heute nicht mehr daran erinnern, ob er eine Erklärung abgegeben oder einzelne Exemplare weitergegeben habe. "Auch nach 35 Jahren distanziere ich mich vollends von dem Papier", so der bayerische Wirtschaftsminister.

Söder mahnt Aufklärung des Falls an 

Über die Vorwürfe hatte die "Süddeutsche Zeitung" (Wochenende) berichtet. Sie sprach nach eigenen Angaben mit mehreren Personen, "die sagen, Aiwanger sei als Urheber dieses Pamphlets zur Verantwortung gezogen worden".

Der Vorfall soll sich laut "Süddeutscher Zeitung" 1987/88 am Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg ereignet haben. Das Flugblatt ruft den Angaben zufolge zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: "Wer ist der größte Vaterlandsverräter?" Teilnahmeberechtigt sei "jeder, der Deutscher ist und sich auf deutschem Boden aufhält". Bewerber sollten sich "im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch" melden. Als erster Preis wird ausgelobt: "Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz".

Markus Söder / © Peter Kneffel (dpa)
Markus Söder / © Peter Kneffel ( dpa )

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mahnte Medienberichten zufolge eine Aufklärung des Falls an.

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sagte der "Bild am Sonntag": "Derartige menschenverachtende Äußerungen über Opfer des Holocaust dürfen von niemandem - auch nicht Jugendlichen - geäußert werden. Dies muss Konsens aller demokratischen Parteien sein."

Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, nannte den Inhalt des Flugblatts ekelhaft; er beleidige die Opfer der Schoah.

Bruder erklärt sich

Am Abend meldete sich unterdessen Hubert Aiwangers Bruder Helmut Aiwanger zu Wort und erklärte, er habe das Flugblatt verfasst. "Ich bin der Verfasser dieses in der Presse wiedergegebenen Flugblatts. Vom Inhalt distanziere ich mich in jeglicher Hinsicht", sagte Helmut Aiwanger der Mediengruppe Bayern. Er bedauere die Folgen der Aktion.

Die Brüder Helmut und Hubert Aiwanger hatten laut Mediengruppe Bayern 1987/88 gemeinsam die elfte Jahrgangsstufe die elfte Jahrgangsstufe des Burkhart-Gymnasiums in Mallersdorf-Pfaffenberg in Niederbayern besucht.

Antisemitismus

Antisemitismus nennt man die offen propagierte Abneigung und Feindschaft gegenüber Juden als Volksgruppe oder als Religionsgemeinschaft. Der Begriff wird seit dem 19. Jahrhundert gebraucht, oft als Synonym für eine allgemeine Judenfeindlichkeit. Im Mittelalter wurden Juden für den Kreuzestod Jesu verantwortlich gemacht und als "Gottesmörder" beschuldigt. Während der Kreuzzüge entlud sich die Feindschaft in mörderischen Ausschreitungen, Vertreibungen und Zwangsbekehrungen.

Teilnehmende einer Demonstration zur Solidarität mit Israel / © Michael Kappeler (dpa)
Teilnehmende einer Demonstration zur Solidarität mit Israel / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
epd , KNA