Papst warnt wegen Pandemie vor Bildungskatastrophe

"Alarmierendes Bildungsgefälle"

​Papst Franziskus hat vor einer weltweiten "Bildungskatastrophe" gewarnt. Wegen der durch die Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise könnten "etwa zehn Millionen Kinder gezwungen sein, die Schule zu verlassen", sagte das Kirchenoberhaupt.

Autor/in:
Roland Juchem
Kind am Schreibtisch / © Chalista Hongtong (shutterstock)
Kind am Schreibtisch / © Chalista Hongtong ( shutterstock )

Dies würde "ein bereits alarmierendes Bildungsgefälle" vergrößern; schon jetzt seien 250 Millionen Kinder im Schulalter von jeglicher Bildung ausgeschlossen. Der Papst sprach am Donnerstag bei einer vom Vatikan organisierten internationalen Konferenz, die online sowie in der Lateran-Universität in Rom stattfand.

Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay unterstützte in ihrem auf Spanisch, Französisch und Englisch gehaltenen Video-Beitrag den päpstlichen Appell zu einer ganzheitlichen Bildung. Diese müsse weit über rein wirtschaftliches oder pragmatisches Denken hinausgehen. Dabei verwies Azoulay auf diverse Aktivitäten der UN-Bildungsorganiation. Die Unesco sei erfreut, an dem Bildungspakt mitzuwirken.

Papst fordert ganzheitlichen Bildungsansatz

Der sogenannte "Global Compact on Education" sollte ursprünglich im Mai stattfinden. Entsprechend der Initiative von Franziskus sollen sich internationale Verantwortliche aus dem Bildungs- und Erziehungsbereich zu neuen ganzheitlichen Bildungsinitiativen zusammentun. Wenn es jetzt nicht gelänge, "neue Horizonte zu entwickeln und aufzuzeigen, in denen Gastfreundschaft, Generationensolidarität und der Wert der Transzendenz eine neue Kultur begründen", so Franziskus weiter, verpasse die Menschheit eine historische Chance.

Ein ganzheitlicher Bildungsansatz müsse alle Betroffenen einbeziehen, forderte der Papst. Den notwendigen "globalen Bildungspakt für und mit den jüngeren Generationen" müssten Familien und Gemeinden ebenso unterzeichnen wie Schulen und Universitäten, weitere Institutionen, Religionen und Regierende. Angesichts der Zersplitterung der Welt brauche es heute vor allem "die Fähigkeit, Harmonie herzustellen".

Ziele der Bildung

Der Leiter der vatikanischen Bildungskongregation, Kardinal Giuseppe Versaldi, kritisierte vor allem das Bestreben, "neue Herausforderungen mit alten Mitteln" angehen zu wollen. Die bisherigen Bildungs- und Wirtschaftsmodelle aber genügten nicht, um den durch die Pandemie offengelegten Problemen gerecht zu werden.

Die italienische Soziologin Silvia Cataldi forderte alle in der Erziehung Tätigen auf, den Fragen junger Menschen Raum und Zeit zu widmen. Gleichzeitig müsse Bildung, wenn sie nicht nur dem Kopf gelten solle, auch die Haltung der Liebe würdigen und einbeziehen. Aus diesem Grund könnten Erziehung und Bildung nie neutral sein. Nötig sei stets eine besondere Option - vor allem für die Benachteiligten und Schwachen, Frauen und Mädchen.

Studenten verschiedener Länder und Religionen, unter anderem ein Buddhist, ein Muslim und eine katholische Ordensfrau, kommentierten den Aufruf des Papstes. In einem Appell vor Diplomaten im September 2019 hatte der Papst gesagt: "Nie zuvor war es so notwendig, unsere Anstrengungen in einem breiten Bildungsbündnis zu vereinen." Eine ganzheitliche Bildung "für Verstand, Herz und Hände" mit Möglichkeiten direkter zwischenmenschlicher Begegnung gehört zu den durchgehenden Anliegen von Franziskus.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema