Heiligenverehrung gibt es in der Kirche schon lange. Die ersten Heiligen - besonders ist hier der Heilige Stephanus zu nennen - waren zumeist Märtyrer; man ging davon aus, dass sie nach ihrem Tod unmittelbar in den Himmel aufgenommen wurden. Mit dem Ende der Christenverfolgungen fand ein Umdenken statt: das Martyrium dauert nur wenige Stunden – auch wenn es natürlich ein beispielhaftes Zeugnis für den Glauben ist – aber was war mit Menschen, die ihr ganzes Leben lang Gott gedient hatten?
So entstanden neue "Heiligenstände", etwa der der "Bekenner"; der heilige Martin von Tours gilt als erster Heiliger dieses neuen Standes. Heilige haben in der katholischen Tradition zwei Funktionen: sie haben einen Vorbildcharakter und sie werden um ihrer Verdienste willen als Fürsprecher angerufen. Da an einem Tag gleichzeitig allen Heiligen gedacht wird, haben – mit einem kleinen Augenzwinkern – alle Christen gleichzeitig Namenstag.
An Allerheiligen gedenkt die Kirche aber nicht nur den Heiligen im Kalender der Kirche, sondern auch all jenen Verstorbenen, die nicht offiziell heiliggesprochen wurden.
Wahl des 1. November
Heiligenfeste gibt es im Verlauf des Kirchenjahres sehr viele. Und auch ein Sammelfest aller Heiligen und Märtyrer kannte das Christentum schon seit dem 4. Jahrhundert – allerdings nicht im November, sondern am Sonntag nach Pfingsten. Der Zusammenhang: das Osterfest, denn die Heiligen galten als Spiegel des Ostergeschehens. Ab dem 8. Jahrhundert verblasste dieser Zusammenhang mehr und mehr.
Die Wahl des 1. November erklärt sich durch den Beginn des keltischen Jahres und tauchte als Datum für Allerheiligen auch erstmals in Irland auf. Durch irische Missionare kam das Fest schließlich auf den europäischen Kontinent und wurde 835 durch Papst Gregor IV. festgesetzt.
Der Vorabend war durch heidnische Züge beeinflusst; darüber kann auch die christliche Bezeichnung "Halloween" (= all hallows eve, Vorabend aller Heiligen) nicht hinwegtäuschen. Die Kirche setzte hier heidnischen Bräuchen bewusst einen Feiertag entgegen. Denn Allerheiligen führt auch auf den Advent hin: die Verehrung der Heiligen verweist auf das Königtum Christi, das Ende November am Christkönigssonntag dann ja auch explizit gefeiert wird, und letztlich damit auch auf die Menschwerdung Gottes, die wir dann im Advent erwarten.
Nicht mehr Ostern ist heute also der eigentliche Zielpunkt des Festes, sondern dem beginnenden Sterben der Natur werden das ewige Leben der Heiligen und die Verheißung des Kommens Christi entgegengesetzt. Dennoch ist die österliche Hoffnung auf die Auferstehung natürlich nach wie vor ein zentraler inhaltlicher Punkt an Allerheiligen.
Allerseelen als "Partnerfest"
Dem Fest Allerheiligen, das in der Kirche übrigens den Rang eines Hochfestes hat, wird seit etwa dem 9. Jahrhundert ein zweites Fest zur Seite gestellt: Allerseelen, ein Tag, an dem allen Verstorbenen in besonderer Weise gedacht wird. Auch jährlich wiederkehrende Gedenktage für Verstorbene kannte die Kirche schon lange vorher, aber auch diese fanden sich im Verlauf des (Kirchen)-Jahres zumeist kurz nach der Osterzeit.
An der Verbreitung des 2. Novembers als Datum für diesen Gedenktag hat die französische Bendiktinerabtei Cluny, die das klösterliche Leben des Mittelalters entscheidend mitgeprägt hat, wesentlichen Anteil; Abt Odilo von Cluny, der später selbst heiliggesprochen wurde, führte ihn um das Jahr 1000 verpflichtend in allen Klöstern ein, die von Cluny abhängig waren. Später wurde das Fest dann auch außerhalb der benediktinischen Klöster gefeiert, ab dem 14. Jahrhundert auch in Rom.
Da in unseren Breitengraden allerdings nur Allerheiligen ein Feiertag ist, hat sich hier der Brauch durchgesetzt, an diesem Tag schon die Friedhöfe zu besuchen und den Verstorbenen zu gedenken; auch, wenn dieser Brauch eigentlich an den Allerseelentag gehört.
So erklärt sich auch, wieso die liturgische Farbe an Allerheiligen weiß, an Allerseelen aber violett ist – weiß steht für die Freude über die Auferstehung, violett in diesem Fall für das Totengedenken und die Hoffnung auf deren Auferstehung. Beide Feste gehören also nicht nur bezüglich des Datums, sondern auch inhaltlich zusammen: der Besuch an den Gräbern der Verstorbenen drückt die Hoffnung auf ein ewiges Leben, wie es die Heiligen haben, aus.