An diesem Leitungsbeschluss wird nicht gerüttelt. Kein AfD-Vertreter wird auf einem Podium des 100. Deutschen Katholikentags vom 25. bis 29. Mai in Leipzig sitzen. Für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist die Entscheidung alternativlos: Repräsentanten der rechtspopulistischen Partei sind als Diskutanten auf der Bühne unerwünscht. Daran ändert auch nichts, dass die AfD nach den jüngsten Wahlen in jedem zweiten Länderparlament vertreten ist.
Das ZdK als Veranstalter des Katholikentags beschloss die Regelung bereits im vergangenen November. Vorausgegangen war eine interne, kontroverse Diskussion darüber, inwieweit man nur über oder auch mit AfD, Pegida und Co. diskutieren sollte. Damals löste die ZdK-Entscheidung nur lokalen AfD-Protest aus. Erst als sich im Februar AfD-Chefin Frauke Petry und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, einen medialen Schlagabtausch zur Flüchtlingshilfe lieferten, kam das Thema wieder auf.
AfD-Chefin Petry wirft Kirche Diskussionsunfähigkeit vor
Petry warf der Kirche vor, "diskussionsunfähig" zu sein, "wenn sie einen wichtigen politischen Akteur in Deutschland ausblendet". Der Fall spielte der AfD-Chefin in die Hände, da ihre Partei unmittelbar zuvor von den TV-Duellen in SWR und MDR vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ausgeschlossen worden war. Allerdings erntete das ZdK ähnliche Kritik aus den unterschiedlichsten Meinungsspektren: von Grünen-Vertretern über CDU-Politiker bis hin zu streng konservativen katholischen Gruppierungen.
ZdK-Präsident Thomas Sternberg verteidigt AfD-Ausschluss
Auch wenn der Beschluss bereits unter seinem Amtsvorgänger Alois Glück gefällt wurde, verteidigt auch der jetzige ZdK-Präsident Thomas Sternberg die Entscheidung vehement: Man müsse Bewegungen, die eine radikal andere Meinung verträten als man selbst, nicht "bekanntmachen und adeln, indem man sie zum Gespräch einlädt und ihnen eine Bühne bietet". Die Themen Flüchtlinge, Islam und Fremdenhass werden beim Katholikentag deshalb ohne offizielle Repräsentanten jener Partei diskutiert, die Sternberg als "Sammelbecken von Rechtsradikalen und Proteststimmen, die in anderen Koalitionen kein Gehör zu finden glauben", einstuft.
In der jüngsten Debatte über den Entwurf für ein AfD-Programm warf Sternberg der Partei vor, sie spreche "mit einem sehr schwachen Halbwissen über den Islam". Die Vize-Parteivorsitzende Beatrix von Storch hatte erklärt: "Der Islam ist an sich eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist." In dem Entwurf, der beim Bundesparteitag an kommenden Wochenende beschlossen werden soll, heißt es: "Das Minarett lehnt die AfD als islamisches Herrschaftssymbol ebenso ab wie den Muezzinruf, nach dem es außer dem islamischen Allah keinen Gott gibt."
ZdK-Chef Sternberg mahnte, Christen seien dringend gefragt, den Dialog mit Muslimen zu führen und mit ihnen gemeinsam "gegen die Pervertierung dieser Religion im Islamismus" vorzugehen. Zugleich muss er feststellen, dass auch Katholiken mit der AfD und ihren Positionen sympathisieren. Zudem gibt es eine Bundesvereinigung "Christen in der AfD", die auf ihrer Facebook-Seite beispielsweise auf Artikel von Vertretern der Neuen Rechten verlinkt.
AfD-Ratsfraktion gibt sich kampfeslustig
Für Sternberg ist die AfD da, wo sie sich fremdenfeindlich, deutschnational und islamabgrenzend gibt, "strikt antichristlich". Zugleich betont er: "Selbstverständlich sind die Mitglieder einer Partei nicht aussätzig für die Kirche." Er sei weit davon entfernt, eine Gruppe pauschal zu verurteilen: "Damit ist nichts gewonnen, und das haben wir auch nie gewollt."
Die Leipziger AfD-Ratsfraktion regierte seinerzeit auf den Ausschluss kampfeslustig: "Selbstverständlich wird die AfD zum Katholikentag 2016 geeignete Mittel und Wege einer Präsentation finden, ihre Vorstellungen zur Bewahrung und Verteidigung unserer christlich-abendländischen Kultur den Kirchentagsbesuchern nahezubringen - eine moralische Pflicht allerersten Ranges aus Sicht der AfD und hoffentlich auch aus Sicht der Kirchentagsleitung!" Man darf gespannt sein, ob den Worten Taten folgen.