DOMRADIO.DE: Der 8. Dezember 1996, das war der Beginn von Radio Horeb. Wie war das damals, als Sie auf den berühmten roten Knopf gedrückt haben zum Sendestart?
Richard Kocher (Pfarrer und Programmdirektor bei Radio Horeb): Es war aufregend. Es war turbulent. Es war eine sehr spannende Zeit. Wir brauchten damals die Unterschrift vom Programmchef von ProSieben. Der stand im Flur, wollte schon wegfahren und die Sekretärin hat gesagt, er muss die Erlaubnis geben, dass wir da senden könnten. Hat er noch unterschrieben.
Es waren drei verschiedene Bäche, die in den Strom mit eingeflossen sind. Das war Radio Maria Italien, das 1987 begonnen hat, das Vorbild, dann Radio Neues Europa, das elf Stunden Sendezeit im Großraum München hatte. Die konnten wir übernehmen. Und natürlich dann der Beginn über Satellit, die Austrahlung am 8. Dezember. Es war eine umkämpfte Zeit, aber auch irgendwie eine schöne Zeit, eine Pionierzeit.
DOMRADIO.DE: Und man drückt ja nicht nur einfach auf den roten Knopf. Da steckt ja auch irre viel Vorbereitung drin. Mit welcher Intention sind Sie damals an den Start gegangen?
Kocher: Ich würde das so ausdrücken, wie es das Konzil ausdrückt: Menschen für Christus und sein Reich gewinnen.
Ich war in Italien und hatte das gesehen. Ich habe auch in Rom studiert und konnte deshalb die italienisch Sprache. Und ich habe da ungläubig die Reaktionen auf eine einzige Sendung von "Menschen im Gefängnis" durchgeblättert.
Es waren hunderte Briefe und da hat sich bei mir innerlich ein Hebel umgelegt. Das muss doch bei uns auch möglich sein, dort, wo Menschen in Einsamkeit und Traurigkeit sitzen, die Botschaft des Evangeliums hinzubringen. Das war wirklich der innerste Impetus, weil ich davon überzeugt bin, dass das, was das Evangelium uns vorgibt, für die Menschen ein Gewinn ist. Auch heute.
DOMRADIO.DE: Ja, sie haben viele treue Hörerinnen und Hörer über UKW und DAB-Frequenzen in Bayern, übers Internet, über Satellit. Was bieten Sie denen jeden Tag?
Kocher: Ja, zunächst einmal ist die innere Achse die Liturgie, also der Gottesdienst, das Stundengebet, das Rosenkranzgebet und natürlich auch Lebenshilfesendungen. Es geht um Brauchtum, es gibt Nachrichten. Wir haben natürlich auch christlich orientierte Musik. Es ist einfach Lebensbegleitung aus dem Glauben heraus. Das ist unsere Sendephilosophie.
DOMRADIO.DE: Wer Mitte der 1990er Jahre mit Radio anfängt, der hat quasi Radio pur. Also da ist Moderation, da gibt es Beiträge, Nachrichten. Schon lange geht es ja nicht mehr ohne Internet und Social Media. Wie haben Sie die neuen Medien mit in Ihr Programm eingebaut?
Kocher: Die neuen Medien sind entscheidend. Wer da nicht präsent ist, ist weg vom Fenster. Das ist ganz einfach so. Die Zukunft der Medien ist trimedial und die Zukunft beginnt jetzt schon. Das heißt: Audio, Video, Social Media. Und wer das nicht erkannt hat, ist schlicht weg vom Fenster.
Es wird einfach erwartet. Und das ist ja auch gut, dass Menschen Sendungen über Podcast nachhören können und dass sie auch etwas sehen können. Wie das Domradio haben wir auch Gottesdienste, die über Video übertragen werden und das hat sich, ich möchte fast sagen, als kriegsentscheidend herausgestellt, in dieser Pandemie-Zeit. Die Leute haben durchgezappt und waren dankbar, auch etwas sehen und hören zu können.
DOMRADIO.DE: 25 Jahre Radio Horeb, wie wird das gefeiert? Kann man das in Corona-Zeiten feiern?
Kocher: Ach, das ist ein Elend. Natürlich haben wir eine große Feier gemacht. Aber Sie wissen ja, wie das heute ist, mit Tests, Abstand halten, wir halten natürlich die gesetzlichen Vorgaben ein. Heute Abend ist ein Festgottesdienst, der über Fernsehen und Radio übertragen wird. Ich werde eine Auftaktspredigt halten: "Am Anfang war die Sehnsucht"
Am Anfang war der Wunsch dieses Radio bei uns zu haben. Ich war 40 mal in Italien, bin jedes Mal wieder rausgefahren am Logans See entlang und habe es einfach nicht verstehen können, dass es in Deutschland nicht möglich sein soll.
Wir feiern das mit einem Online-Kongress, vielleicht mit neuen Schritten in eine neue Zukunft hinein. Das heißt, wir werden am Samstagabend beginnen bis Sonntagabend durchgehend, also während des ganzen Tages zu sehen sein. Das ist ein großer Wunsch unserer Zuhörer und Zuhörerinnen. Sie wollen die Akteure auch mal sehen.
Wir sind da schon ziemlich anspruchsvoll, mit Spezialisten, die Fernsehen machen können. Wir haben dafür eine eigene Bühne in unserem Medienhaus aufgebaut. Jetzt schauen wir mal, was daraus wird. Ich habe jetzt nicht vor, das Fernsehen zu mutieren, aber mal schauen, ob man diese Formate weiter ausbauen kann.
DOMRADIO.DE: Sie haben ja gesagt, der Sender ist deshalb so erfolgreich, weil Radio Horeb ein Team hat. Das bestätige ich gerne für uns hier im DOMRADIO.DE. Was möchten Sie Ihrem Team heute zum 25. noch sagen?
Kocher: Ich möchte einfach wünschen, dass die innere Einheit und die Freude an der Arbeit, die wir haben, dass das weiterhin so bleibt und das erste verdankst, ist Das bin immer ich, die entscheidende Person oder mein Gesicht. Das ist eine Verfälschung. Wenn wir nicht so fähige, einsatzbereite Mitarbeiter hätten, wäre gar nichts möglich. Ich bin sehr dankbar dafür.
Das Interview führte Carsten Döpp.