Am Sonntag ist der zentrale Auftakt zur Woche der Brüderlichkeit

Aufbruch mit Hindernissen

Wenn der katholische Theologe Erich Zenger am Sonntag auf der Bühne des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg die Buber-Rosenzweig-Medaille empfängt, liegen unruhige Wochen hinter ihm. Und hinter den Initiatoren, dem Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ). Zwar spielt das Motto der 1952 begründeten Veranstaltungswoche "1949 bis 2009: So viel Aufbruch war nie" auf die guten gewachsenen Beziehungen zwischen Christen und Juden an. Doch angesichts jüngster Ereignisse schien speziell der katholisch-jüdische Dialog empfindlich gestört.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Brüderlich: Die Bischöfin der Nordelbischen Kirche Maria Jepsen, Landesrabbiner em. Henry G. Brandt und der Hamburger Erzbischof Werner  (KNA)
Brüderlich: Die Bischöfin der Nordelbischen Kirche Maria Jepsen, Landesrabbiner em. Henry G. Brandt und der Hamburger Erzbischof Werner / ( KNA )

Nachdem Papst Benedikt XVI. Ende Januar die Exkommunikation der vier Traditionalistischen-Bischöfe aufgehoben hatte, sorgte dies für erhebliche Irritationen. Besonders die vermeintliche Rehabilitierung des Holocaust-Leugners Richard Williamson löste einen Sturm der Entrüstung aus. Aus dem Zentralrat der Juden in Deutschland wurden zwischenzeitlich sogar Boykottaufrufe für den Festakt laut. Dennoch beschwichtigt Rudolf Sirsch, Generalsekretär des Koordinierungsrates: «Auftakt und Preisverleihung waren nie wirklich in Gefahr.» Denn: «Es haben sich selbst zu dieser Zeit so viele Rabbiner angemeldet, dass uns klar war, dass es einen breiten Konsens für die Ehrung gibt.»

Die Buber-Rosenzweig-Medaille, benannt nach den jüdischen Philosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig, ist eine der höchsten Ehrungen Deutschlands. Sie ging seit 1968 an namhafte Politiker, Wissenschaftler, Künstler, Kirchenleute und Institutionen, darunter Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, den Dirigenten Daniel Barenboim und den Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt. Doch stand die Verleihung wohl selten so sehr im Fokus wie in diesem Jahr.

Beim Festakt am Sonntag werden unter anderen Bundespräsident Horst Köhler, Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und der langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann sprechen, der Mainzer Bischof als Zengers Laudator. Der Zentralrat der Juden ist nicht nur durch Vizepräsident Dieter Graumann und Generalsekretär Stephan J. Kramer vertreten; in der vergangenen Woche kündigte sich auch Präsidentin Charlotte Knobloch an. Ursprünglich sollte sie an der Berliner Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit teilnehmen. Ebenso sagte Israels Botschafter in Deutschland, Yoram Ben-Zeev, Berlin zugunsten Hamburgs ab. 45 akkreditierte Journalisten verfolgen den Festakt, von dem die ARD am Sonntag ab 17.30 Uhr und Phoenix am nächsten Tag berichtet.

Die mehr als 1.000 Plätze des Schauspielhauses sind seit Wochen ausgebucht, auf einer Warteliste stehen rund 200 Interessenten. Auch der Vortrag des Preisträgers am Samstag in der Katholischen Akademie ist mit 450 Teilnehmern längst ausgebucht, und die christlich-jüdische Gemeinschaftsfeier mit Hamburgs Erzbischof Werner Thissen, Bischöfin Maria Jepsen und Landesrabbiner Henry Brandt musste in größere Räume verlegt werden. «Die Menschen wollen offenbar ein Zeichen setzen», ist Sirsch überzeugt. Dazu hätten auch die klaren Positionierungen der deutschen Bischöfe beigetragen. Und die Persönlichkeit Erich Zengers, der kein Hehl aus seiner Kritik an einer Kirchenpolitik auf Kosten des katholisch-jüdischen Dialogs macht.

Für Thissen, der ab Montag 67 Mitbrüder zur Frühjahrsvollversammlung empfängt, ist die Preisverleihung an den emeritierten Alttestamentler ein «glücklicher Umstand": Mit ihm werde ein «engagierter Inspirator» des christlich-jüdischen Dialogs geehrt. Zenger ist bekannt für seine klaren Worte. Am Sonntag auf der Bühne des Schauspielhauses wäre wieder Gelegenheit dazu.