Am Sonntag ist Weltpostkartentag

Schreib mal wieder

Am 30. Juli ist Weltpostkartentag. "Wetter und Essen gut, lecker Bierchen auch, Gruß und Kuss" – so oder ähnlich meldeten sich Menschen früher massenhaft per Postkarte aus nah und fern. Wie sieht es heute aus?

Autor/in:
Joachim Heinz und Christopher Beschnitt
Einfach mal eine Postkarte verschicken / © Asvolas (shutterstock)
Einfach mal eine Postkarte verschicken / © Asvolas ( shutterstock )

In den modernen Zeiten unvorstellbar: Die frühen Postkarten kamen ohne Bild daher. Offiziell ging die allererste rein mit Text versehene Pappe – eine "Correspondenz-Karte" – am 1. Oktober 1869 im damaligen Österreich-Ungarn auf Reisen. Im Jahr darauf wurden dann auch in Deutschland erste Postkarten verkauft – und das neue Medium konnte bald darauf seinen Siegeszug rund um den Globus antreten. Der Weltpostkartentag an diesem Sonntag erinnert nicht zuletzt an diese Erfolgsgeschichte.

"Totengräber der Briefkultur"

Dabei hatten Kritiker Bedenken angemeldet. Von "unschicklichen Botschaften auf offenem Postblatt" war damals die Rede. Man befürchtete zurückgehende Einnahmen der Post, hatte Sorge, dass Diener Nachrichten an die Herrschaft lesen könnten oder dass die Postkarte zum "Totengräber der Briefkultur" würde. Weil Absender-Angaben fehlten, argwöhnte man die Verbreitung von Verunglimpfungen, heute bekannt unter Begriffen wie "Hatespeech".

Dennoch wurden die Karten zum Renner, was mehr oder minder wörtlich zu verstehen ist: Denn in Hochzeiten lieferten Boten die Kurzmitteilungen zumindest in Großstädten mehrfach am Tag aus – in Berlin etwa bis zu elfmal –, sodass sie teils nur wenige Stunden unterwegs waren. Zudem war die Postkarte nicht nur schnell, sondern auch günstig: Erst zehn, dann nur noch fünf Pfennig kostete das Porto – bloß halb so viel wie beim Brief. Und beim damals noch üblichen Telegramm musste man schon für ein einziges Wort fünf Pfennig berappen.

Bildpostkarte seit 1885 offiziell erlaubt

1885 wurde die Bildpostkarte in Deutschland offiziell zugelassen; zuvor hatte die Post sie schon jahrelang geduldet. Einen weiteren Schub erlebte sie in den 1890er Jahren, als die Chromolitografie aufkam, ein neues Druckverfahren, das farbige Karten ermöglichte.

Im Vatikan werden Postkarten von Benedikt XVI. und Papst Franziskus verkauft. In Altötting in Bayern gibt es sogar Spielfiguren des Verstorbenen zu kaufen / © Gregorio Borgia (dpa)
Im Vatikan werden Postkarten von Benedikt XVI. und Papst Franziskus verkauft. In Altötting in Bayern gibt es sogar Spielfiguren des Verstorbenen zu kaufen / © Gregorio Borgia ( dpa )

Allerdings gab es damals noch Probleme bei der Gestaltung: Zunächst hatten sich die Illustrationen mit einer Ecke neben der Adresse zu begnügen. Später wanderten sie auf die andere Seite und mussten sich den Raum mit der Nachricht teilen. 1905 dann erhielt die Ansichtskarte in Deutschland ihre nach wie vor verbreitete Erscheinung: Seither werden Mitteilung und Anschrift auf der einen Seite per Strich voneinander getrennt; auf der anderen prangt das Bild.

Stadtansichten und Nachrichten

Experten lesen aus den Motiven eine "Aneignung der Welt" heraus. Zunächst habe man vor allem Stadtansichten, besonders von Urlaubsorten, verschickt. Bis ins 20. Jahrhundert hinein seien oft auch Nachrichten auf Karton gebannt worden: 1906 etwa der Brand der Hamburger Hauptkirche Sankt Michaelis, des "Michels".

Damals, um die Jahrhundertwende, beförderte die Post noch wesentlich mehr Karten als heute. 1900 waren es rund eine Milliarde, 1982 noch 877 Millionen und 2022 kam man auf knapp 107 Millionen. "Leider sehen wir bei Postkarten, aber auch Briefen, seit Jahren einen Rückgang der Volumina", teilt Sprecher Alexander Edenhofer mit. "Dieser Trend wird sich auch nicht umkehren." Wer heute etwas mitzuteilen hat, macht das vorzugsweise in den Sozialen Medien. Die Status-Meldung per WhatsApp oder die individuelle Inszenierung auf Instagram haben der Postkarte, so scheint es, den Rang abgelaufen.

Immer noch reizvoll

Trotzdem übt der Grundgedanke ganz offenbar auch in unseren Tagen noch einen gewissen Reiz aus. Wie sonst ließe sich erklären, dass Anbieter "das Beste aus beiden Welten" kombinieren und versprechen, Smartphone-Fotos "in echte Postkarten zum Anfassen" zu verwandeln? Schreib mal wieder und verschick es dann auf analogem Wege, lautet die Devise. Denn: "Gerade, weil Messenger-Dienste zum Alltag gehören, zeugt eine Postkarte von besonderer Wertschätzung des Absenders."

Quelle:
KNA