Italiens Ex-Innenminister Salvini erstmals an Kurie empfangen

Amal und Matteo im Vatikan

Just an dem Tag, an dem Lega-Chef Salvini erstmals richtig im Vatikan empfangen wird, sorgt dort die Riesenpuppe eines Flüchtlingsmädchens für Aufmerksamkeit. Amal trifft sogar den Papst, Salvini nicht.

Autor/in:
Roland Juchem
Matteo Salvini / © Marco Bonomo (KNA)
Matteo Salvini / © Marco Bonomo ( KNA )

Für Anhänger der italienischen Lega ist dieser 10. September ein Erfolgstag. Erstmals wird ihr Parteichef Matteo Salvini ausdrücklich und allein im Vatikan empfangen. Allerdings nicht vom Papst, auch nicht von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der Nummer 2. im Vatikan; Italiens Ex-Innenminister spricht mit dem päpstlichen "Außenminister", Kurienerzbischof Paul Gallagher.

Die Begegnung sei nichts Außergewöhnliches, dämpften vatikanische Quellen die Aufregung. Als Beauftragter für die Außenbeziehungen des Heiligen Stuhls spricht der Brite Gallagher mit Politikern aus aller Welt. Weil aber Salvini bei Migration und einigen anderen Themen nicht auf Linie des Papstes liegt, andererseits aber schon mal Rosenkränze küsst, die Madonna beschwört und von etlichen Katholiken im Land geschätzt wird, ist das Treffen dennoch besonders.

Vatikan hält sich bedeckt

Als Salvini, der als politischer Jungspund in Mailand auch mal für Rassentrennung in Bussen plädierte, noch Innenminister war - von Juni 2018 bis September 2019 -, war ihm der Vatikan verwehrt. Lediglich an einer Messe für die italienische Polizei nahm er teil, als deren damaliger oberster Chef.

Der Vatikan hält sich zum Treffen Salvini-Gallagher bedeckt - wie üblich. In diesem Fall schweigt auch Salvinis sonst unablässig feuerndes Twitter-Team. Es hieß, die beiden wollten vor allem über Afghanistan sprechen. Als Senator nahm Salvini dazu bereits am Vormittag bei einem Parlamentsgedenken an den 11. September 2001 Stellung.

Internationale Themen auf der Agenda?

Wenn die "sogenannte internationale Gemeinschaft" nicht sofort mehr zu bieten habe als bloße Worte, seien 20 Jahre "Demokratie und Bildung für alle" in Afghanistan umsonst gewesen, so der Lega-Chef.
Weiter warnte er vor dem Einfluss radikaler Islamisten wie auch Chinas in Afrika. Und davor, dass im Jahr 2050 bei einem Verhältnis von 40 zu 400 Millionen Einwohnern Italien allein "demografisch eine Provinz Nigerias" sein könnte. Welche Maßnahmen in Afghanistan er sich genau erwartet, ließ Salvini offen.

Bei Gallagher könnte Salvini auch den umstrittenen "DDL Zan" angesprochen haben. Das Kürzel steht für einen vom Abgeordneten Alessandro Zan eingebrachten Gesetzentwurf gegen Homo- und Transsexuellenphobie. Von der Abgeordnetenkammer bereits Ende 2019 verabschiedet, stellen sich im Senat unter anderem die Lega und andere konservative und rechte Parteien quer.

Sie kritisieren mangelhafte Formulierungen im bisherigen Gesetzestext. Damit würden Meinungs- und Religionsfreiheit wie auch Elternrechte bei der Kindererziehung untergraben. Solche Bedenken teilen nicht nur Italiens Bischofskonferenz und eine Reihe namhafter Juristen. Auch der Heilige Stuhl intervenierte - mittels einer Verbalnote an die Regierung in Rom.

Auch Salvini muss sich in Zurückhaltung üben

In einem früheren Interview hatte Salvini einmal gesagt: "Ich gebe zu, dass ich nie gute Beziehungen zum Vatikan hatte." Bei den Themen wie Afghanistan, G20 und Lebensschutz habe man sich aber schon "viel zu sagen". Im Übrigen sei er sich "nicht so sicher", dass Papst Franziskus vieles so ganz anders sehe als er selbst.

Über die genannten Themen, so mutmaßen Beobachter, wolle Salvini versuchen, endlich auch im Vatikan Gehör zu finden und unter Italiens Bischöfen Verbündete. Erreichen kann der sonst so medienaffine Politiker dies nur mit öffentlicher Zurückhaltung. Sollte er aus dem Gespräch mit Gallagher Halbzitate an Medienfreunde weitergeben, wäre sein Debüt im Vatikan für länger der einzige Besuch dort.

Alle Augen auf Flüchtlingsmarionette

So muss sich Salvini damit abfinden, dass an diesem Freitag im Vatikan Kameras und Mikrofone auf Amal gerichtet sind: die 3,5 Meter hohe Marionettenfigur eines neunjährigen syrischen Flüchtlingsmädchens. Mit der ziehen die Organisatoren des Wanderfestivals "The Walk" von der syrisch-türkischen Grenze durch Europa bis nach Manchester und erinnern an die langwierige Suche Tausender unbegleiteter Flüchtlinge nach der eigenen Familie und einem Zuhause.

Am Vormittag trat Amal, begrüßt von Kurienkardinal Michael Czerny, auf dem Petersplatz auf. Am Nachmittag erschien sie noch einmal im Damasushof des Apostolischen Palastes, wo sonst Staatsgäste begrüßt werden. Hier durfte Amal auch dem Papst kurz die Hand geben. Matteo Salvini wird auf diese Geste noch warten müssen. Aber wie betont Franziskus immer wieder: Man sollte mit jedem Dialog führen - auch wenn er schwierig ist.


Erzbischof Paul Richard Gallagher, vatikanischer Außenbeauftragter / © Romano Siciliani (KNA)
Erzbischof Paul Richard Gallagher, vatikanischer Außenbeauftragter / © Romano Siciliani ( KNA )

Flüchtlingspuppe auf dem Petersplatz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Flüchtlingspuppe auf dem Petersplatz / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA