Gegen den "Dämon Alkohol" zogen in den USA seit der Mitte des 19. Jahrhunderts starke gesellschaftliche Gruppen zu Felde, darunter vor allem Kirchen und Frauenverbände. Vor 100 Jahren war ihrer Kampagne Erfolg beschieden: Am 17. Januar 1920 trat in den USA die sogenannte Probition in Kraft. Sie war weitgehend ein Fehlschlag - und prägte doch die in der Rückschau gern verklärten "Roaring Twenties".
Der in der amerikanischen Politik so beliebte Spruch "As Maine goes, so goes the nation", wonach der Staat Maine im äußersten Nordosten der USA die Tendenz bei wichtigen Wahlen widerspiegele, traf auch beim Alkoholverbot zu. 1851 wurde dort die Herstellung und der Verkauf alkoholischer Getränke untersagt. Es war die große Zeit der Enthaltsamkeitsbewegung. In den Jahren darauf wurde ein weiteres Dutzend Staaten "trocken". Der Feldzug der Alkoholgegner scheute auch rabiate Maßnahmen nicht.
Zerschlagene Whisky- und Bierfässer
So erlangte die Frauenrechtlerin Carrie Nation landesweite Berühmtheit, die immer wieder an der Spitze von Gleichgesinnten in Saloons marschierte und mit einem Beil Whisky- und Bierfässer zerschlug. Ihre mehr als 30 Verhaftungen trugen beträchtlich zu ihrem Ruhm bei.
Die Woman's Temperance Party (Enthaltsamkeitspartei) und die 1869 gegründete Prohibition Party wurden zum politischen Arm der Bewegung, die von Geistlichen vor allem pietistischer protestantischer Kirchen oft mit wortgewaltiger Sündhaftigkeitsrhetorik unterstützt wurden.
Gleichwohl nahmen einige Kirchen Rücksicht auf die kulturellen Werte ihrer Gemeinden. So setzten vor allem katholische und lutherische Gemeinden, deren Mitglieder mehrheitlich deutsche Einwanderer waren, der Feindseligkeit vor allem gegen das Biertrinken Widerstand entgegen.
Herstellung und den Vertrieb fast aller Alkoholika unter Strafe
Die während der kurzen Teilnahme der USA am Ersten Weltkrieg von April 1917 bis November 1918 grassierende Deutschenfeindlichkeit spielte zweifellos eine Rolle im endgültigen und landesweiten Erfolg der Prohibitionisten - da Deutsch-Amerikaner gegen selbsterklärte Patrioten und Moralprediger nicht zu opponieren wagten. Es kam vereinzelt sogar zu Lynchmorden an Amerikanern mit deutschem Namen.
Mit dem sogenannten Volstead Act wurde der 18. Verfassungszusatz auf den Weg gebracht, der im Kongress, in dem seit 1917 parteiübergreifend "trockene" Politiker die absolute Mehrheit besaßen, im Dezember 1917 verabschiedet wurde. Der Verfassungszusatz stellte die Herstellung und den Vertrieb fast aller Alkoholika unter Strafe, wenn auch nicht notwendigerweise ihren Besitz. Wein blieb als Bestandteil religiöser Zeremonien legal. Am 16. Januar 1919 hatten drei Viertel der Bundesstaaten den Verfassungszusatz ratifiziert. Nur Connecticut und Rhode Island lehnten die Prohibition ab. Ein Jahr später trat der Zusatz in Kraft.
Grandios gescheitertes Experiment
Auch wenn die Prohibition nicht in allen Punkten ein Fehlschlag war - die Zahl der Todesfälle durch Leberzirrhose beispielsweise soll rückläufig gewesen sein - so gilt sie doch letztlich als ein grandios gescheitertes Sozialexperiment. Eins der Argumente der Befürworter war gewesen, dass ohne Alkohol die Kriminalität zurückgehen würde.
Stattdessen wurde die Epoche die Blütezeit des organisierten Verbrechens, das sich neben Glückspiel und Prostitution nun in großem Stil auf Alkoholschmuggel spezialisierte. Symbolfigur dieser Schattenwirtschaft wurde Al Capone in Chicago - dessen Bruder bemerkenswerterweise nach Änderung seines Namens als Agent der personell unterbesetzten Behörde zur Durchsetzung der Prohibition arbeitete.
Feste Größe in den 1920er Jahren
Der Reiz des Verbotenen machte Alkoholkonsum unter dem Kitzel des Illegalen zu einer festen Größe in den 1920er Jahren, in denen die USA eine stetige, fast fieberhafte wirtschaftliche Entwicklung und eine nie dagewesene Vergnügungssucht weiter Bevölkerungskreise erlebten. Das "Speakeasy", die illegale Kneipe oder Bar, wurde ebenso zum Symbol einer oft rauschhaften Epoche wie der Jazz, der Charleston, der Siegeszug Hollywoods und der Millionen Automobile auf den Straßen.
Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 hatten die USA dann andere Sorgen, als ihren Bürgern einen "Drink" zu untersagen. Die Abschaffung der Prohibition im Dezember 1933 war eines der wichtigsten Daten im ersten Amtsjahr des neuen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, der verkündete: "Ich glaube, das ist ein guter Zeitpunkt für ein Bier."