Ampel bei Staatsleistungen an Kirchen offen für Alternativen

Ablösung nicht finanzierbar?

In der Debatte über ein Ende der historischen Staatsleistungen an die beiden großen Kirchen sind die Ampel-Fraktionen offen für Alternativen zu einer einmaligen hohen Ablösezahlung. Denkbar seien auch andere Formen der Ablösung.

Staatsleistungen in der Debatte (KNA)
Staatsleistungen in der Debatte / ( KNA )

Zum Beispiel könnten die Kirchen bei der Erhaltung von bedeutsamen Gebäuden im Interesse der gesamten Gesellschaft von Aufgaben entlastet werden, die sie absehbar nicht mehr werden bewältigen können, sagte die religionspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Sandra Bubendorfer-Licht (FDP), der Zeitung "Welt" (Mittwoch).

Leistungen für Gesamtgesellschaft nicht mehr zu erbringen

Der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci verwies darauf, dass "die Kirchen wegen ihres Mitgliederrückgangs sehr bald viele ihrer
Leistungen für die Gesamtgesellschaft nicht mehr werden erbringen können". So müssten die beiden Kirchen in den nächsten 30 Jahren 40.000 ihrer Gebäude abgeben. Denkbar sei, "dass die Länder einen Teil der Ablösung der Staatsleistungen nicht als konkrete Summe zahlen, sondern die Baulast solcher Gebäude übernehmen, die Kirchen damit entlasten und gleichzeitig diese Bauwerke für die Gesamtgesellschaft sichern", so Castellucci.

Die Staatsleistungen sind jährliche Zahlungen von 14 Bundesländern von aktuell gesamt 618 Millionen Euro. Grund sind verschiedene Staat-Kirche-Verträge zum Ausgleich für Einkommensverluste aus kirchlichen Gütern durch Enteignungen im Zuge von Reformation und Französischer Revolution. Das Grundgesetz sieht in Nachfolge der Weimarer Reichsverfassung von 1919 vor, dass diese Leistungen abgelöst werden.

Bundesländer halten das für nicht finanzierbar

Dies muss nach vorherrschender Meinung von Juristen durch Zahlung einer einmaligen Ablösesumme in Höhe eines Vielfachen des Jahresbetrags geschehen. Weil die Bundesländer eine solche Einmalzahlung für nicht finanzierbar halten, haben sich die 14 betroffenen Ministerpräsidenten gegen die Pläne der Ampel-Koalition zur Ablösung ausgesprochen.

Dennoch sei die Koalition weiter fest entschlossen, den Verfassungsauftrag zu erfüllen, sagte Castellucci. Dafür gebe es
verschiedene Optionen für den Gesetzgeber, die derzeit im parlamentarischen Raum diskutiert würden. Denkbar seien etwa lange Übergangsfristen für Verhandlungen "und dann die eigentliche Ablösung". Beginnen müsse man aber jetzt.

Bubendorfer-Licht: Genügend Zeit für Verhandlungen geben

Bubendorfer-Licht sagte, man müsse den Ländern und Kirchen genügend Zeit für Verhandlungen der Gesetze oder Verträge lassen; ebenso für die Zahlung eventueller Ablösesummen. Diese könnten nicht auf einen Schlag erfolgen, sondern auch in gestreckten Ratenzahlungen, um "die Landeshaushalte nicht unangemessen groß zu belasten". 

Eine Lösung liegt nach Ansicht der FDP-Politikerin "im ureigensten Interesse der Kirchen". Sie wünsche sich daher, dass diese ihre
vorhandene Bereitschaft zu flexiblen Lösungen "ganz offen bekunden". Dasselbe gelte für die Länder und Ministerpräsidenten. Die Weiterzahlung der Staatsleistungen sei nicht mehr vermittelbar, so Bubendorfer-Licht. "Die Bürger können aus guten Gründen nicht mehr verstehen, warum die Kirchen aus allgemeinen Steuermitteln auch von Konfessionslosen und Anhängern anderer Religionen weiterhin diese Zahlungen erhalten sollen." 

Fragen und Antworten zu den Staatsleistungen an die Kirchen

Welche Leistungen des Staates resultieren bis heute aus der Enteignung der Kirchen vor rund 220 Jahren? Die weltlichen Landesherren haben im sogenannten Reichsdeputationshauptschluss von 1803 eine Vielzahl unterschiedlichster Leistungspflichten und Entschädigungszahlungen übernommen, die unter dem Begriff Staatsleistungen zusammengefasst sind. Dazu gehören etwa Baulasten für kirchliche Gebäude, Zuschüsse zur Besoldung des Klerus und viele andere Geld- und verschiedenste Sachleistungen.

Kirche aus gefalteten Geldscheinen / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kirche aus gefalteten Geldscheinen / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA