Anglikaner-Chef ruft Bischöfe zu Besonnenheit auf

Appell vor Weltkonferenz

Anglikaner-Primas Justin Welby hat die Bischöfe vor der kommende Woche beginnenden Lambeth-Konferenz zu Einheit aufgerufen. Eine scharfe Kontroverse wird bei der Frage nach der Priester- und Bischofsweihe für Homosexuelle erwartet.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Justin Welby / © Kirsty O'connor (dpa)
Justin Welby / © Kirsty O'connor ( dpa )

Mit Blick auf eine teils hitzige Debatte in Sozialen Medien zur Haltung der Kirche zum Thema Homosexualität erklärte der Erzbischof von Canterbury am Freitag: "Ohne die Dinge zu ignorieren, über die wir zutiefst unterschiedlicher Meinung sind, bete ich, dass wir uns dieser Zusammenkunft mit einem noch tieferen Sinn für das nähern, was uns verbindet: die Liebe Jesu und seine Berufung, der Welt Gottes zu dienen."

"Lambeth Calls"

Hintergrund sind die sogenannten "Lambeth Calls" (Lambeth-Aufrufe) zu verschiedenen Themen, deren Entwürfe am Montag veröffentlicht wurden und die bei der Weltkonferenz von den rund 650 Bischöfen ab Freitag (29. Juli) diskutiert werden. Eine scharfe Kontroverse wird bei der Frage nach der Priester- und Bischofsweihe für Homosexuelle sowie Segnungen gleichgeschlechtlicher Ehen erwartet, deren Handhabung in den verschiedenen Teilen der anglikanischen Weltgemeinschaft schon jetzt unterschiedlich ist.

Justin Welby, anglikanischer Erzbischof von Canterbury / © Paul Haring (dpa)
Justin Welby, anglikanischer Erzbischof von Canterbury / © Paul Haring ( dpa )

Weiter schreibt Welby, die Textentwürfe der Lambeth-Aufrufe seien aus Online-Gesprächen zwischen Bischöfen auf der ganzen Welt entstanden, die 2021 zur Vorbereitung der Konferenz stattfanden. "Sie wurden von einer vielfältigen Gruppe von Anglikanern entworfen - männlich und weiblich, Laien und Ordinierte, aus verschiedenen Generationen und aus jedem Teil der Gemeinschaft." Die Entwürfe seien Teil eines Prozesses, der auch lange nach dem Ende des Bischofstreffens fortgesetzt werde, da jede Kirchenprovinz ihre eigene Antwort auf die Aufrufe formulieren solle, so der Ehrenprimas der anglikanischen Weltgemeinschaft.

Welby verwies auf den Aufruf zur anglikanischen Identität, in dem es heiße: "Anglikaner streben danach, Gott treu zu sein - in ihrer Übereinstimmung und in ihren Meinungsverschiedenheiten."

Auf die großen globalen Krisen konzentrieren

Die Lambeth-Konferenz werde sich "auf die großen globalen Krisen unserer Zeit, ihre Auswirkungen auf die Schwächsten und unsere Aufgabe aus dem Evangelium, einer Welt in Not zu dienen, konzentrieren", so Welby. Er danke Gott für die "historische Gelegenheit", mit Bischöfinnen und Bischöfen aus der ganzen Welt "im Gebet, im Studium und im Gespräch zusammen zu sein".

Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © CarlosBarquero (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © CarlosBarquero ( shutterstock )

Kritiker bemängeln, dass laut dem jetzt bekanntgewordenen Vorgehen die Bischöfe die Aufrufe entweder annehmen oder eine weitere Diskussion anmahnen können, eine konkrete Ablehnung jedoch nicht möglich ist. Ebenso wird befürchtet, dass die bereits 1998 beschlossene Haltung zum Umgang mit Homosexuellen nochmals auf den Prüfstand gestellt wird.

Zur 15. Lambeth-Koferenz werden bis 8. August mehr als 650 der rund 800 geladenen Bischöfe erwartet, weitere nehmen online teil. Kritiker einer vollen Anerkennung Homosexueller durch die anglikanische Kirche, vor allem aus dem globalen Süden, haben hingegen ihre Teilnahme abgesagt. Bei der letzten Konferenz 2008 beschloss man, aufgrund kontroverser Themen vom üblichen Zehnjahres-Rhythmus abzuweichen. Durch die Corona-Pandemie wurde sie nunmehr auf diesen Sommer verschoben.

Anglikanische Kirche

Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. In Glaubensfragen blieben die Anglikaner zunächst bei der katholischen Lehre; später setzten sich protestantische Einflüsse durch. 1549 erschien das erste anglikanische Glaubensbuch, das «Book of Common Prayer».

Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel (epd)
Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel ( epd )
Quelle:
KNA