Anglikaner-Primas zu den Folgen der Brexit-Abstimmung

Risse in der Gesellschaft

Das "Brexit"-Votum hat nach Einschätzung des Primas der anglikanischen Staatskirche von England, Justin Welby, Risse in der britischen Gesellschaft hinterlassen. Er rief die politisch Handelnden zum Ergreifen von Gegenmaßnahmen auf.

 (DR)

In einer Ansprache im englischen Oberhaus appellierte der Erzbischof von Canterbury an beide politischen Lager, EU-Befürworter und -Gegner, gegen die seit dem Referendum grassierende "Fremdenfeindlichkeit und Rassismus" vorzugehen.

Dramatische Veränderungen

Die Abstimmung und die Ereignisse der vergangenen zwei Wochen hätten "zu einer der dramatischsten und dynamischsten Veränderungen" geführt, die das Land bislang erlebt habe, so das Oberhaupt der englischen Staatskirche. Die Kampagnen seien mit teils nicht hinnehmbarer Härte geführt worden. Dies habe zu Rissen in der "dünnen Schicht von Höflichkeit und Toleranz" in der Gesellschaft geführt.

Nun müssten die politisch Verantwortlichen dringend gegensteuern. Dazu gehört nach Worten des Primas auch ein neuer Fokus auf die "gesellschaftliche Ungleichheit" im Land. Es brauche soziale Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Wohnungsbau, um der gesellschaftlichen Probleme Herr zu werden.

Zahl registrierter Hassverbrechen gestiegen

In Großbritannien ist seit dem EU-Austrittsreferendum am 23. Juni die Zahl registrierter Hassverbrechen um mehr als das Fünffache gestiegen - von 63 auf zuletzt 331 Vorfälle im Wochendurchschnitt. Nach Polizeiangaben richtete sich die Kriminalität vor allem gegen Migranten. Die Beamten hätten Beschimpfungen von Ausländern, fremdenfeindliche Kommentare in den Sozialen Netzwerken und auf Flugblättern sowie teils auch körperliche Angriffe registriert.

Vergangene Woche appellierten führende Religionsvertreter an die Gesellschaft, die durch das "Brexit"-Votum entstandene Unsicherheit nicht durch die Suche nach Sündenböcken zu kompensieren. Angst dürfe nicht zu Misstrauen und rassistischen Vorurteilen gegenüber Fremden führen. Unterzeichnet war das Schreiben auch von Welby und vom Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz von England und Wales, Kardinal Vincent Nichols.


Quelle:
KNA