DOMRADIO.DE: Messen im klassischen Sinn wird es am Sonntag für uns nicht geben, aber Sie bieten eine Alternative mit sogenannten Hausgottesdiensten. Wie kann man sich die vorstellen?
Fabian Loudwin (Jesuitenpater in Frankfurt): Wir hatten letzte Woche hier in Frankfurt schon abgesehen, dass eine ganze Reihe von Gemeindemitgliedern nicht würde kommen können, nicht würde kommen wollen, dass sie lieber zu Hause bleiben. Ich habe überlegt: Was geben wir denen an die Hand? Was ist das Wichtigste am Sonntagsgottesdienst, was jeder zu Hause feiern kann? Das ist das Hören auf das Wort Gottes, auf das Evangelium.
Und so haben wir uns hingesetzt und eine kleine Andacht für einen Hausgottesdienst vorgeschlagen, in dessen Mitte das Sonntagsevangeliums steht. Es gibt ein paar gute Ideen, wie man darüber ins Gespräch kommen kann, darüber beten kann; auf der einen Seite für Erwachsene, aber natürlich auch für Kinder. Denn viele Familien mit Kindern sind gerade schon sehr verunsichert.
DOMRADIO.DE: Und die passende Musik gibt es auch dazu?
Loudwin: Ja, denn es ist wichtig, dass wir nicht nur beim Wort bleiben, sondern tatsächlich ins Beten hineinkommen, ins gemeinsame Feiern. Und so haben wir Lieder ausgesucht, die zu dem Sonntag passen, unter anderem weil nicht alle Familien tatsächlich singen können zuhause – zumindest nicht so, dass die Kinder gerne mitsingen. Die Lieder gibt es per Link auf YouTube.
DOMRADIO.DE: Theologisch gesehen ist es dann aber keine heilige Messe, sondern ein Wortgottesdienst, weil die Eucharistie, das Wandeln von Wasser zu Wein, von Brot zum Fleisch, fehlt.
Loudwin: Und trotzdem ist es ein vollständiger Gottesdienst. In diesen Zeiten, in denen die Kirche auf alle Orte, in allen Häusern verteilt ist, ist das vielleicht eine sehr schöne Variante.
DOMRADIO.DE: Vielen ist in einem Gottesdienst ja auch die Atmosphäre wichtig. Was würden Sie vorschlagen? Wie bekommt man eine Gottesdienstatmosphäre im Wohnzimmer hin?
Loudwin: Indem man eine Bibel aufschlägt, eine Kerze hinstellt, den Raum vorbereitet, überlegt, wo es am besten in der Wohnung passt. Und so wie wenn man zum Gottesdienst geht, kann man sich bereits vorher überlegen, um welche Uhrzeit man anfangen möchte, diesen Gottesdienst zu feiern.
DOMRADIO.DE: Welchen Stellenwert hat denn die Wort-Gottes-Feier im Gegensatz zur Heiligen Messe? Das eine ersetzt das andere nicht, oder?
Loudwin: Ich glaube, das Wichtige in dieser Zeit ist, dass wir ins persönliche Gebet kommen, dass wir gemeinsam beten. Und ob das einer beim Mitfeiern des Sonntagsgottesdienstes vor dem Fernseher machen möchte oder lieber in einer häuslichen Atmosphäre, ist gerade gleich viel wert. Ich glaube, es geht darum, dass jeder Einzelne persönlich in seinem Gebetsleben gestärkt wird.
DOMRADIO.DE: Am Wochenende werden Sie den Newsletter für den kommenden Sonntag wieder verschickt. Vergangene Woche, haben Sie gesagt, haben Sie es das erste Mal gemacht. Wie sehen denn die Reaktionen in der digitalen Gemeinde aus?
Loudwin: Es waren durchweg positive Reaktionen, Menschen aus ganz Deutschland haben uns geschrieben oder angerufen und sich herzlich bedankt. Manche waren wohl zuerst mal ein bisschen überfordert. Sie haben sich dafür bedankt, jetzt tatsächlich gemeinsam in der Familie beten zu können.
Eine Familie erzählte gerade gestern noch, sie hätten zum ersten Mal seit langem ausführlich gebetet, nicht nur vor dem Essen oder am Abend vorm Insbettgehen. Sondern sie hätten sich gemeinsam Gedanken über das Evangelium gemacht. Das war eine Reaktion, die mich sehr berührt hat.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.