Antoniterkirche erhält Nagelkreuz von Coventry

Große Bereicherung statt schwerer Bürde

Die evanglische Antoniterkirche in Köln hat in einem Gottesdienst das Nagelkreuz von Coventry erhalten. Sie gehört nun zur weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft, die sich für Frieden und Versöhnung einsetzt. Ein Interview mit Pfarrer Herzberg.

Antoniterkirche in Köln / © Guido Schiefer (epd)
Antoniterkirche in Köln / © Guido Schiefer ( epd )

domradio.de: Das Nagelkreuz spielt also jetzt für Sie auch eine große Rolle. Wieso?

Pfarrer Markus Herzberg (Citykirchenpfarrer der Antoniterkirche, dem Schaufenster der Evangelischen Kirche in Köln): Man bekommt das Nagelkreuz von Coventry verliehen. Damit ist eine Verpflichtung verbunden, dass man sich das nicht als Auszeichnung irgendwo schön in die Ecke stellt und verbunden ist mit Coventry, sondern, dass man sich wirklich verpflichtet, sich für Frieden, Versöhnung und für Verständigung in der Gesellschaft und auf der Welt einzusetzen.

domradio.de: Warum haben Sie diese Auszeichnung bekommen?

Herzberg: Wir waren letztes Jahr in Coventry. Man reist persönlich dorthin und stellt seine Gemeinde und seine Arbeit vor. Der Nagelkreuzgemeinschaft ist es ganz wichtig, dass man nicht nur Geschichte aufarbeitet und erschrocken zurückblickt: Was war denn damals im Dritten Reich? Sondern dass man auch guckt: Was kann man denn heute tun und was ist heute unsere Aufgabe für Verständigung und Versöhnung? Ein Schwerpunkt, der Coventry sehr gut gefiel, war zum Beispiel, dass in der Antoniterkirchr die Verschiedenheit eine große Rolle spielt - zum Beispiel auch die Arbeit mit Schwulen und Lesben an einem kirchlichen Ort. Das empfand die Gemeinde als eine sehr moderne Art und Weise, an Versöhnung und Verständigung mitzuarbeiten.

domradio.de: Es gibt eine Nagelkreuzgemeinschaft. Was genau ist das denn, was steckt dahinter?

Herzberg: Es hat ja damit begonnen, dass 1940 der damalige Domprobst von Coventry aus drei Nägeln ein Kreuz hat machen lassen. Und er hat sich sofort schon 1940 in einer Weihnachtsansprache dafür eingesetzt, auf Hass nicht mit Hass zu reagieren und mit Gewalt nicht auf Gewalt, sondern, sich für Versöhnung einzusetzen. Und deswegen gehört dieser Satz "Father forgive" ("Vater vergib") eben dazu, den er bewusst ohne "Vater vergib Ihnen" gesagt hat, um an der Versöhnung zu arbeiten. Dadurch ist in den 1950er Jahren eine Städtepartnerschaft zwischen Coventry und Kiel entstanden. Das ist dann so gewachsen, dass man das Nagelkreuz aus Coventry irgendwann auch Kiel geschenkt hat. Das hat man immer weiter ausgedehnt und hat es dann in den 1970er Jahren "Nagelkreuzgemeinschaft" genannt. Mittlerweile gibt es weltweit Nagelkreuzzentren, die sich mit Coventry verbinden. 

domradio.de: Wie lange werden Sie das Nagelkreuz dann in Ihrer Kirche haben?

Herzberg: Ich hoffe, es wird da für immer stehen. Man bekommt es nicht zeitlich beschränkt, sondern bekommt es für immer verliehen und ist dann ab jetzt verbunden mit Coventry. Dazu gehört auch: Es gibt eine Versöhnungslitanei von Coventry, die man verbindlich einmal in der Woche - am Freitag - betet. Denn jeden Freitag um 15 Uhr, zur Sterbestunde Jesu, zieht man in die Ruine der Kathedrale von Coventry und betet dort die Versöhnungslitanei. Und die Nagelkreuzzentren überall auf der Welt tun das in Verbindung mit Coventry und für den Frieden auch.

domradio.de: Wie fühlt sich diese Verantwortung für Sie an?

Herzberg: Man könnte denken, es ist eine schwere Bürde, die auf den Schultern lastet. Denn es ist ja schon ein großes Thema, wenn man es ernst nimmt. Aber ich empfinde es eigentlich als eine große Bereicherung, weil es sehr viel Spaß macht. Als wir letztes Jahr nach Coventry gefahren sind, um die Gemeinde dort vorzustellen, waren dort auch viele andere Gemeinden aus Deutschland oder auch aus den Niederlanden und aus Belgien. Man lernt also andere Gemeinden kennen, die auch dazugehören; auch eine Pfarrerin aus Südafrika, die sofort sagte: Besuchen Sie uns doch mal und predigen Sie bei uns! Man merkt also schnell, wie das wächst und lernt mit den verschiedenen Gemeinden auch noch einmal die Verschiedenheit der christlichen Kirche kennen.

Das Interview führte Verena Tröster. 

 


Quelle:
DR