Antworten fürs Leben beim Freiwilligen Ordensjahr finden

Auszeit der besonderen Art

In Ruhe vor Gott das eigene Leben überdenken, den "Draht nach oben" wiederbeleben, Eintauchen in eine Gemeinschaft. Die Gründe für ein "Freiwilliges Ordensjahr" sind vielfältig. Seit drei Jahren gibt es das Angebot.

Autor/in:
Von Angelika Prauß
Kreuzgang des Klosters Burtscheid / © Cornelis Gollhardt (KNA)
Kreuzgang des Klosters Burtscheid / © Cornelis Gollhardt ( KNA )

Wie finde ich zu einem erfüllenden Beruf? Wie kann es nach einer Trennung oder Kündigung weitergehen? Wie nutze ich als Rentner meine verbleibende Lebenszeit sinnvoll? Menschen an Weggabelungen des Lebens stellen sich viele Fragen, deren Antworten gut bedacht sein wollen. Der Alltag bietet oft nicht den nötigen Freiraum, um den roten Sinn-Faden im Leben im Blick zu behalten. Menschen, die dabei auch auf Gottes Führung vertrauen, kann eine längere Auszeit im Kloster zur nötigen Klarheit verhelfen. Seit drei Jahren bietet das Freiwillige Ordensjahr solch eine Möglichkeit.

Das "Freiwillige Ordensjahr"

Die Ordensgemeinschaften in Deutschland bieten dieses Angebot für alle, die sich Zeit nehmen möchten, um jenseits des Alltags etwas ganz Anderes zu erleben.

Das "Freiwillige Ordensjahr" bietet die Möglichkeit, drei bis zwölf Monate in einer Ordensgemeinschaft mitzuleben, mitzubeten, mitzuarbeiten und mitzulernen.

Sr. Maria Stadler von der Ordensgemeinschaft der Missionarinnen Christi ist für die Deutsche Ordensobernkonferenz Koordinatorin des Projektes "Freiwilliges Ordensjahr".

Auf einer Ordenskutte liegt ein Kreuz (KNA)
Auf einer Ordenskutte liegt ein Kreuz / ( KNA )

Dabei können die Absolventen das Klosterleben von innen kennenlernen und im Rhythmus der Ordensleute leben, beten und arbeiten. Manche bleiben wenige Monate, andere ein ganzes Jahr. Bislang haben sich - trotz Erschwernissen durch die Corona-Pandemie - 51 Menschen auf diese besondere Auszeit eingelassen, sagt Maria Stadler von der Ordensgemeinschaft der Missionarinnen Christi, die das Projekt für die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) koordiniert. Schon seit sechs Jahren gibt es ein ähnliches Angebot in Österreich.

Christliche Gemeinschaft erleben

Vielen Teilnehmenden sei das Erleben einer christlichen Gemeinschaft wichtig und die Erfahrung, "den Glauben mit anderen zu leben". Sie nutzten die "Zeit für die Gottes- und Christusbeziehung" und um die "Aufmerksamkeit für Gott im Alltag" zu schulen. Manche reize die Verbindung von Gebet und Arbeit; andere konzentrierten sich darauf, das eigene Leben zu ordnen und Klarheit über den weiteren Lebensweg zu bekommen oder überhaupt die Spur Gottes im eigenen Leben wieder zu entdecken.

Dient das Angebot auch dazu, dringend benötigten Ordensnachwuchs zu gewinnen? Keinesfalls, das betonte Pater Bruno Robeck, Zisterzienserprior und stellvertretender DOK-Vorsitzender, schon zu Beginn des Projekts. Das Ordensjahr biete vielmehr "eine neue Form der Teilhabe". Mitbewohner auf Zeit könnten zudem eine "neue Dynamik" in die Ordensgemeinschaft bringen und bereichernd für sie sein.

Rund 55 klösterliche Gemeinschaften sind laut Stadler inzwischen an dem Projekt beteiligt. Bei den Frauenorden seien es vor allem franziskanische Gemeinschaften, kontemplative Orden wie Benediktinerinnen, Zisterzienserinnen und Karmelitinnen sowie die Barmherzigen Schwestern. Männliche Interessenten können bei Benediktinern, Franziskanern, Barmherzigen Brüdern sowie zwei evangelischen Gemeinschaften bei Münster und Wülfinghausen in das Ordensleben hineinschnuppern.

Offen für alle Altersgruppen

Das Angebot ist offen für Menschen zwischen 18 und 75 Jahren. "In jeder Altersgruppe gibt es ein paar", verrät Stadler, in der Mehrzahl Frauen. Die meisten seien unter 30 und nutzten das Angebot nach ihrem Schulabschluss, nach Ausbildung oder Studium. Zudem gebe es viele zwischen 60 und 75, also kurz vor oder bereits in der Rente; "sie überlegen, wie sie ihre Zeit sinnvoll nutzen können".

Stadler führt mit Interessenten ein Vorgespräch, um diese kennenzulernen - zuletzt coronakonform per Zoom. "Ich überlege dann, welche Gemeinschaft zu dem Bewerber passen könnte." Wichtig sei auch, dass diese Kapazitäten hat, einen Interessenten gut begleiten zu können. Es gelte zudem, gegenseitige Erwartungen abzugleichen: "Viele suchen Gemeinschaft und wollen aufgehoben sein". Eine stabile Psyche sei Voraussetzung; ein Ordensjahr sei keine Therapie, stellt die Ordensfrau klar. Im Anschluss kann sich der Bewerber an die ausgewählte Gemeinschaft wenden. "Manche machen diesen Schritt schon nicht mehr, weil es zu konkret wird", weiß Stadler aus Erfahrung.

Wenn es passt, sollte der Interessent das Kloster und seine Bewohner erst einmal an einem Wochenende kennenlernen. "Man muss sich dann fragen: Passt es? Kann ich mir vorstellen, dort über eine längere Zeit zu leben? Kann ich mich einschwingen auf die Gemeinschaft? Gefällt mir der Ort?" Es gebe auch Bewerber, die schon vorher Kontakt zu den Ordensleuten hatten.

Garten- und Küchenarbeit

Neben dem spirituellem Leben werden die Absolventen im Kloster meist in einfache Tätigkeiten eingebunden. "Sie jäten Unkraut im Garten oder helfen in der Küche, um zu sich selbst, in die Stille zu kommen", sagt Stadler. Manchem sei es "zu viel, was da auftaucht", und er oder sie beende das Ordensjahr vorzeitig.

Manche ältere Teilnehmer finden dabei indes in ihre Glaubensspur zurück, sagt die Ordensfrau. Sie stellten fest, dass sie "eigentlich schon immer ins Kloster wollten". Dennoch würden Teilnehmer in der zweiten Lebenshälfte "nur selten auf Dauer aufgenommen", so Stadler. Denn mit zunehmendem Alter habe man im Leben "seine Gewohnheiten und Strukturen, und es ist schwierig, sich dann noch einmal auf andere Gewohnheiten einzulassen". Ein Leben in klösterlicher Gemeinschaft sei für beide Seiten fordernd. "Ob sich jemand dann noch integrieren kann, ist fraglich und eine Herausforderung."

Stadler schätzt beim Ordensjahr "die große Offenheit für beide Seiten", die noch "sehr frei" seien, sich für oder gegen ein Leben im Kloster oder für einen Kandidaten zu entscheiden. Und auch wenn es ursprünglich gar nicht die Intention des Angebots war, so hat es auch für die Orden schon Früchte getragen, sagt die Ordensfrau: "Mehrere Absolventen haben ein Noviziat begonnen."

Quelle:
KNA