Franziskus will all diese Themen auf seiner fünftägigen Reise ansprechen. Geografisch sind sie nur einen Steinwurf entfernt. Doch beide Städte trennen Welten. Ciudad Juárez auf mexikanischer Seite galt lange als die gefährlichste Stadt der Welt und ist zum Symbol für den mexikanischen Drogenkrieg geworden. Genau hier mit Blick auf die vergitterte Grenze mit den USA wird Papst Franziskus vor Zehntausenden Gläubigen eine Messe feiern. Auch auf der texanischen Seite in El Paso können die Menschen die Worte des Pontifex über eine Leinwand verfolgen.
Die meisten von ihnen werden wohl illegale Einwanderer sein und dürfen die Grenze nach Mexiko nicht überqueren. "Der Besuch des Papstes bedeutet Hoffnung für die Migranten, die von ihren Familien getrennt sind", sagt der Vikar der Diözese von Ciudad Juárez, Mario Manríquez.
Eine politische Reise
Es ist die vierte Reise Franziskus' nach Lateinamerika und die mit Abstand politischste, direkt nachdem er in Kuba als erster Papst in der Geschichte den russisch-orthodoxen Patriarchen trifft. In Mexiko will sich der Argentinier fünf Tage (12. bis 17. Februar) aufhalten und dort nach eigenen Worten all die Orte besuchen, an denen noch nie ein Papst war.
Die Gläubigen erhoffen sich Beistand in dem durch die Gewalt der Drogenkartelle und der paramilitärischen Banden zerrissenen Land. Die politisch Verantwortlichen dürfen sich auf deutliche Worte des 79-Jährigen gefasst machen. Einen Vorgeschmack lieferte er bereits und prangerte in einer Videobotschaft die ausufernde Korruption und Gewalt in Mexiko an.
Papst will an die Ränder gehen
Angstschweiß dürfte den Verantwortlichen des berüchtigten Cereso-Staatsgefängnisses über die Stirn gelaufen seien, als sie von der geplanten Visite erfuhren. Der Papst wolle unbedingt die Haftanstalt besuchen, ließ der Vatikan mitteilen. Cereso galt lange als eines der gefährlichsten Gefängnisse in ganz Lateinamerika. Die Drogenkartelle hatten das Sagen, immer wieder gab es Tote bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Banden, zuletzt 2009. Damals wurden 20 Menschen ermordet und viele verletzt. Der Papst wird bei seinem etwa einstündigen Besuch rund 800 Häftlinge treffen und sich von einigen ihre Lebensgeschichte berichten lassen.
Nicht minder wegweisend wird sein Besuch im südlichen Bundesstaat Chiapas sein. Weit verbreitete Armut, Unterdrückung der mehrheitlich indianischen Bevölkerung und Landkonflikte führten am 1. Januar 1994 zum bewaffneten Aufstand des Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN. Die Regierung reagierte mit Soldaten. Als Vermittler in dem bewaffneten Konflikt erwarb sich der damalige Bischof von San Cristóbal, Samuel Ruiz García, hohe Verdienste. 40 Jahre kämpfte Ruiz García für die Rechte der indianischen Bevölkerung. Auch Franziskus schätzt ihn sehr und besucht deshalb das Grab des 2011 verstorbenen Kirchenmanns.
Symbolische Gesten
Danach wird der Papst eine Messe mit und für die indigene Bevölkerung feiern - auch dieser Programmpunkt hat mehr als symbolischen Wert. Es war Ruiz García, der ab 1960 verheiratete Diakone weihte, weil es in den Dörfern im weitflächigen Regenwald an Priestern fehlte. Er zeugte damit aber auch der Maya-Kultur Respekt, in der Männer normalerweise nicht allein leben.
Im Jahr 2000 verfügte der Vatikan den Stopp der Diakonweihe von verheirateten Männern, Franziskus hob das Verbot 2014 wieder auf. Der Besuch von Franziskus in Chiapas befeuert somit auch eine erneute Diskussion über den Zölibat.
Die Schutzpatronin von Mexiko
Mit Mexiko verbindet Franziskus eine enge Beziehung, wie er selbst einmal betonte. Zweimal, 1970 und 1999, habe er das Land bereits besucht. Immer habe er dabei zur Jungfrau von Guadalupe, Mexikos Schutzpatronin, gebetet. Auch er fühle sich von ihr beschützt, sagte der Papst. Gleich zu Beginn seiner ersten Mexiko-Reise als Pontifex wird er deshalb in der riesigen Basilika der Jungfrau von Guadalupe eine Messe vor mehr als 100.000 Gläubigen feiern. Danach wird Franziskus rund 30 Kilometer mit dem Papamobil durch Mexiko-Stadt zurücklegen.
Der Besuch des Papstes wird wohl bei den Mexikanern auch den letzten Rest von Verstimmung wegfegen. Denn vor einem Jahr hatte Franziskus in einem Brief vor einer "Mexikanisierung" seines Heimatlandes gewarnt. Er wollte damit seine Besorgnis über den zunehmenden Drogenhandel in Argentinien äußern, doch die Mexikaner nahmen es ihm sehr übel. Die Regierung schickte sogar eine Protestnote in den Vatikan.