Athen schickt Migranten zurück - Deutschland nimmt Syrer auf

Türkei oder Niedersachsen

Recht reibungslos hat Griechenland die ersten Migranten von den Ägäis-Inseln zurück in die Türkei geschickt. Grundlage ist der Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei. Schauplatz für Teil zwei des Abkommens ist Niedersachsen.

Flüchtlinge werden in die Türkei abgeschoben / © Tolga Bozoglu (dpa)
Flüchtlinge werden in die Türkei abgeschoben / © Tolga Bozoglu ( dpa )

Zweieinhalb Wochen nach dem Flüchtlingspakt der EU mit der Regierung in Ankara sind die ersten Migranten von Griechenland aus in die Türkei zurückgebracht worden. Nach Angaben der griechischen Polizei verlief die Rückführung der rund 200 Migranten am Montag reibungslos. Es habe sich fast ausschließlich um Migranten aus Pakistan und nordafrikanischen Staaten gehandelt, die keinen Anspruch auf Asyl hätten.

Syrische Flüchtlinge aus Türkei nach Niedersachsen

Nahezu zeitgleich landeten die ersten syrischen Flüchtlinge mit einer Linienmaschine in Hannover. Sie kamen legal auf direktem Weg aus der Türkei und sollten mit einem Bus zunächst in das Erstaufnahmelager Friedland bei Göttingen gebracht werden. Nach dieser ersten Gruppe von 16 Menschen wurde gegen Mittag eine weitere Linienmaschine mit ebenfalls 16 syrischen Kriegsflüchtlingen am Flughafen Hannover erwartet.

Von den griechischen Ägäis-Inseln Lesbos und Chios hatten am Morgen insgesamt drei Schiffe in Richtung türkisches Festland abgelegt. Nach Angaben des griechischen Krisenstabes waren 136 Migranten an Bord zweier Schiffe aus Lesbos. Ein drittes Schiff mit 66 Migranten startete von der griechischen Ägäisinsel Chios.

Auf dem Weg in den Hafen des westtürkischen Küstenortes Dikili wurden die Schiffe von der türkischen Küstenwache begleitet. Über dem Hafen kreiste ein Polizeihubschrauber. Wie ein dpa-Reporter berichtete, gingen die Flüchtlinge mit jeweils ein bis zwei Taschen von Bord in Richtung der Zelte, wo sie registriert werden sollten. Sie seien dabei von türkischen Beamten begleitet worden. Am Hafen in Dikili entrollten einige Demonstranten ein Transparent mit der Aufschrift "Stoppt Abschiebungen". Zu Zwischenfällen kam es zunächst nicht.

Umstrittenes Flüchtlingsabkommen

Mit dem umstrittenen Flüchtlingsabkommen will die EU den Zustrom von Migranten und Schutzsuchenden drosseln. Es sieht vor, dass alle Menschen, die seit dem 20. März illegal nach Griechenland übergesetzt sind, zwangsweise in die Türkei zurückgebracht werden können. Ausgenommen von den Rückführungen sind nur Menschen, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden.

Für jeden aus Griechenland abgeschobenen Syrer soll ein Syrer aus der Türkei legal in der EU aufgenommen werden. Diese Regelung gilt zunächst für 72 000 syrische Flüchtlinge, die in der Türkei Zuflucht gesucht haben. Nach Deutschland sollen 15 000 von ihnen kommen.

Widerstände in vielen EU-Ländern gegen Aufnahme

In vielen EU-Ländern gibt es gegen die Aufnahme von Syrern Widerstände. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin wollen neben Deutschland Anfang der Woche auch die Niederlande, Frankreich, Finnland und voraussichtlich Portugal syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen, und zwar in derselben Größenordnung wie die Bundesrepublik.

Im "Hotspot" auf Lesbos begannen am Montag Flüchtlinge massenhaft Asylanträge zu stellen, um ihre Abschiebung hinauszuzögern. Von nun an gelte es, Asylanträge zu bearbeiten, bevor weitere Migranten in die Türkei zurückgeschickt werden könnten, sagte die Chefin der für Migration zuständigen Abteilung der griechischen Polizei, Zacharoula Tsirigoti.

Aus Kreisen der europäischen Grenzschutzagentur Frontex auf Lesbos hieß es, wegen der Antragsflut sei es nun umso wichtiger, dass zügig Asylexperten aus anderen europäischen Ländern nach Griechenland entsandt würden.

Nach den Grenzschließungen der Länder auf dem Balkan und der EU-Türkei-Einigung ist die sogenannte Balkanroute für Flüchtlinge endgültig dicht. In Deutschland ging die Zahl der Neuankömmlinge zuletzt massiv zurück. Bundesweit wurden im März nur noch rund 20 000 neue Flüchtlinge registriert. Im Februar waren es noch 61 428 gewesen, im Januar 91 671.

Kritik von Pro Asyl

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat den Start der Abschiebungen von Griechenland in die Türkei scharf kritisiert. "Das ist ein rechtswidriger Akt der Unmenschlichkeit", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Montag in Frankfurt am Main. In Griechenland existiere kein rechtstaatliches Asylverfahren.

Zudem sei die Türkei kein sicherer Drittstaat, der Flüchtlinge schützt. Auf Kosten der Schutzbedürftigen werde ein Exempel statuiert. "Das sind Massenabschiebungen, bei denen der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt wird", kritisierte Burkhardt.


Quelle:
dpa , KNA