Auf den Spuren des Völkerapostels in der Altstadt von Damaskus

Vom Saulus zum Paulus

Ein Jahr lang hat die Kirche das Paulusjahr gefeiert - natürlich auch in Syriens Hauptstadt Damaskus. Schließlich wurde der ehemalige Christenverfolger Saulus erst auf dem Weg dorthin zum Paulus und damit zum späteren Völkerapostel. Eine Erfolgsgeschichte, wenn man so will. Und auch das Paulusjahr, das heute offiziell seinen Abschluss findet, war für Syrien und Damaskus ein Gewinn. Davon ist zumindest der armenisch-orthodoxe Bischof Armasch Nalbandian überzeugt.

Autor/in:
Karin Leukefeld
 (DR)

"Syrien wurde als biblisches Land in Erinnerung gerufen", zieht der Kirchenmann eine positive Bilanz. Auch habe das Medieninteresse rund um das Jahr dazu beigetragen, dass alle Welt die Christen im Land wahrgenommen habe. Viele internationale Pilger seien zudem nach Damaskus gekommen, allein seine Kirche habe zehn Gruppen, auch aus Deutschland, empfangen, berichtet Nalbandian.

Die armenisch-orthodoxe Kirche liegt in der Nähe des Bab Scharki, dem Osttor der Damaszener Altstadt. Gegenüber dem Haupttor der Kirche geht es in die Hanania-Straße, eine schmale Gasse, in der einige der ältesten Häuser der Altstadt stehen. Am Ende der Gasse liegt das schlichte Haus des Ananias. Er erhielt der Bibel zufolge von Gott den Auftrag, den erblindeten Saulus zu heilen und ihn zu taufen.

Im Keller des Hauses, wo Paulus nach seiner Bekehrung gelebt haben soll, befindet sich eine Kapelle mit Altar und Heiligenbild. Das Gemäuer ist mit einem Draht bespannt, hinter dem zahllose Zettel und Fotos stecken. Besucher haben darauf in wenigen Worten ihre Wünsche notiert - in der Hoffnung, dass Paulus sie erfüllen möge.

"Die Wiege des Christentums"
Die Gedenkstätte wird von Franziskanern betreut. Die Polizisten, die in einem Nebenraum ihren morgendlichen Kaffee trinken, haben den offiziellen Auftrag, die Gedenkstätte zu schützen. Staatlicherseits legt man in Syrien Wert auf die Gleichberechtigung der Religionen. Als Papst Johannes Paul II. im Jahr 2001 Syrien besuchte, bezeichnete Präsident Baschar al-Assad sein Land als "die Wiege des Christentums". Die Heimat Jesu sei Palästina, aber die Heimat des Christentums sei Syrien.

Auf jeden Fall kann es auf eine reiche Geschichte zurückblicken - ebenso wie seine Hauptstadt Damaskus. Das schachbrettartige Straßenraster der Damaszener Altstadt wurde von den Griechen angelegt, und die ordnungsliebenden Römer bauten später die einzige Straße, die ohne Kurven und Winkel fast schnurgerade von West nach Ost verlief: die "Via Recta", die "Gerade Straße", die etwa drei Meter unter dem heutigen Straßenniveau lag.

Die alteingesessenen Händler an der Via Recta kennen die Geschichte des Christenverfolgers Saulus, der zum Christen Paulus wurde. Dabei ist Syrien muslimisch geprägt - der Religion des Völkerapostels gehört nur eine Minderheit an. Als problematisch empfinden die Geschäftsleute das Miteinander der Religionen nicht. "Syrien ist ein laizistischer Staat; Religion wird bei uns respektiert", meint etwa der Antiquitätenhändler Mohammed Fakir al-Their, dessen Laden am östlichen Ende der "Geraden Straße" liegt. Und sein Nachbar Antoine Hamza, der sein Geschäft seit 37 Jahren hat, fügt hinzu: "Der eine ist Muslim, der andere Christ. Wir sind Nachbarn seit 20 Jahren."

Deutlich mehr Sorgen bereiten den Händlern anderen Fragen: Rund zwei Millionen Flüchtlinge aus Palästina und dem Irak belasten das Land. Und die westliche Sanktionspolitik gegen Syrien drückt die Binnenkonjunktur. Die meisten Kupfer- und Silberschmiede, Intarsien- und Möbelhändler auf der "Geraden Straße" haben wenig zu tun. "Ich habe meine Kunden im Ausland", sagt al-Their. "Wenn ich auf das Geschäft im Inland angewiesen wäre, hätte ich nichts zu essen." Gegen diese wirtschaftlichen Sorgen konnte freilich auch das Paulusjahr nichts ausrichten.