Aufarbeitungskommission von Solidaritätswelle für Pfarrer irritiert

Vorwürfe nicht auf leichte Schulter nehmen

Ein Passauer Priester wird nach Vorwürfen aus einer Pfarrei abgezogen. Über 10.000 Menschen stellen sich in einer Petition hinter den Pfarrer. Nun gibt es die Warnung, mögliches Fehlverhalten nicht zu bagatellisieren.

Blick auf Passau / © lara-sh (shutterstock)

In einem Pfarrverband des Bistums Passau wurde der Pfarrer aus dem Dienst genommen, weil er in der Jugendarbeit schwere Fehler gemacht haben soll. 

Daraufhin haben sich in nur sechs Tagen in einer Onlinepetition mehr als 10.000 Menschen hinter den Geistlichen gestellt, der Fehlverhalten bestreitet. Der Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Passau, Guido Pollak, warnt nun in einem Interview davor, die Vorwürfe auf die leichte Schulter zu nehmen.

"Wenn Fehlverhalten vorliegt, wenn Alkoholmissbrauch vorliegt, dann kann man das nicht damit abtun, dass wir halt in Niederbayern sind und in Sportvereinen auch getrunken wird", sagte Pollak der Mediengruppe Bayern (Donnerstag). "Das kann man damit nicht entschuldigen." 

Mögliche Verstöße werden derzeit geprüft

Für seine Kommission sei "schwer verständlich, wie sich eine derartige Solidarität in kürzester Zeit aufbauen kann, ohne dass eine Prüfung der Vorwürfe durch unabhängige Dritte abgewartet wird. Da entwickeln sich massenpsychologische Dynamiken, die schwer zu kontrollieren sind und in einer Täter-Opfer-Umkehr münden können".

Pollak fügte hinzu, es könne sich um Verstöße gegen deutsches Strafrecht, aber auch gegen Kirchenrecht handeln. Beides wird derzeit geprüft, von der Passauer Staatsanwaltschaft und im Vatikan.

Der emeritierte Erziehungswissenschaftler sagte, seine Kommission habe nach Befassung mit den Vorwürfen Bischof Stefan Oster nahegelegt, den Pfarrer aus der Gemeinde zu nehmen. "Wir haben nicht gesagt vorübergehend oder endgültig, aber wir waren uns einig, dass er dort erst mal raus muss."

Sexuelles Fehlverhalten nicht erkennbar

Falls es aus Sicht des Bischofs "ein nachweisbares, glaubhaftes Fehlverhalten gegeben hat, muss er das kommunizieren und sich dann schützend vor die Betroffenen stellen", erläuterte Pollak. Dazu sei eine öffentliche Aussprache vor Ort nötig. "Wir wissen natürlich, dass das juristisch heikel ist, aber man kann da nicht abwarten, bis sich das von selbst regelt oder bis einer aufsteht und mit seinem Klarnamen sagt, was genau passiert ist." Der Bischof trage als Seelsorger Verantwortung für alle Gemeindemitglieder.

Der Professor sagte auch, ein Fehlverhalten mit sexuellem Charakter sei in dem Fall nicht erkennbar. Die Frage, ob die Vorkommnisse als versuchte Anbahnung eines Missbrauchs bewertet werden könnten, sei aber "nicht so einfach zu beantworten". Pollak betonte: "Dazu müsste man alles lückenlos aufklären."

Bistum Passau

Die Diözese Passau wurde 739 von Bonifatius gegründet und war einst mit mehr als 42.000 Quadratkilometern das größte Bistum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Es erstreckte sich donauabwärts bis Wien. Im Lauf der Geschichte verlor die Diözese sechs Siebtel ihres Gebiets an neu gegründete Bistümer wie Linz, Sankt Pölten und Wien. Mit der Säkularisation 1803 endete die weltliche Herrschaft der Passauer Bischöfe.

Passauer Dom / © Maria Irl (KNA)