Wenn Papst Franziskus am Dienstagvormittag (14. September) ins slowakische Presov kommt und dort einen großen Gottesdienst nach dem ostkirchlichen Ritus mitfeiert, dann wird er einen sehr zufriedenen Kirchenmann antreffen.
Sein Ordensbruder, Erzbischof Jan Babjak (67), hat seit der politischen Wende von 1989 einen großen Aufschwung seiner Kirche erlebt. In kommunistischer Zeit verboten, haben die ostkirchlich zelebrierenden Katholiken in der Slowakei heute wieder rund 230.000 Mitglieder. Kirchliche Praxis und Priesterstand blühen.
Der Jesuit Babjak, Metropolit der Erzeparchie Presov (deutsch Preschau), durfte miterleben, wie Kirchengebäude zurückgegeben, wie Märtyrer seiner Kirche seliggesprochen wurden - und wie Papst Benedikt XVI. 2008 die Kirchenstrukturen der mit Rom verbundenen Katholiken des byzantinischen Ritus in der Slowakei aufwertete. Mit den zur Errichtung einer Metropolie notwendigen drei Territorien - Presov, Kosice und Bratislava - gewann die "griechisch-katholische" Kirche in der Slowakei als eigenständiges Gebilde kirchenrechtlich jenen "sichereren" Status, den sie sich so lange wünschte.
Massive Unterdrückung
Als Katholiken, die den Gottesdienst nach der ostkirchlichen Liturgie feiern, hatten sie in kommunistischer Zeit über Jahrzehnte eine besonders massive Unterdrückung erlebt; die Behörden betrieben eine Zwangsverschmelzung mit der orthodoxen Kirche. Zwei unierte Bischöfe starben an den Folgen jahrelanger Kerkerhaft und Folter.
Der Frühling, den die "Griechisch-Katholischen" in der Slowakei nach der Wende erleben, manifestierte sich auch in mehreren Rehabilitierungen: den Seligsprechungen der Märtyrerbischöfe Pavol Peter Gojdic (1888-1960, seliggesprochen 2001) und Basil Hopko (1904-1976) sowie der Ordensfrau Zdenka Schillingova (1916-1955, beide seliggesprochen 2003); der 2003 abgeschlossenen Rückerstattung der im Kommunismus enteigneten Kirchen und Pfarrhäuser.
Babjak selbst, seit 2002 Eparch von Presov, wurde 1978 mit 25 Jahren zum Priester geweiht. 1987 trat er dem Jesuitenorden bei. Jesuiten des ostkirchlichen Ritus sind kein ungewöhnliches Phänomen seit den Jahrzehnten kommunistischer Verfolgung und weltweiter Diaspora.
Schließlich war es bereits im 17. Jahrhundert nicht zuletzt die Seelsorge der Gesellschaft Jesu gewesen, die im Klima kriegerischer Konfessionalisierung die Union der Ruthenen mit Rom vorbereitete.
Das traditionelle Gebiet der griechisch-katholischen Kirche der Ruthenen erstreckt sich über ein Gebiet, das heute in mehreren Nationalstaaten liegt - weshalb sich auch nur noch die nach Nordamerika und Ex-Jugoslawien Ausgewanderten selbst als "Ruthenen" bezeichnen. Im Mittelalter jedoch gehörte das Gebiet geschlossen zum Königreich Ungarn oder kam im 18. Jahrhundert unter österreichische Herrschaft.
Im damaligen Nordosten Ungarns hatten im 14. Jahrhundert ungarische Grundherren mit der Ansiedlung von Ruthenen begonnen, damals auch "Ostslawen" oder "Kleinrussen" genannt. Sie folgten bereits ursprünglich dem byzantinischen Ritus, unterstellten sich jedoch im Zuge der Gegenreformation aus Sorge vor einer Protestantisierung durch die ungarischen Calvinisten Rom. 1646 kam es in Ungvar (heute Uschgorod in der Ukraine) zu einer Union zwischen 63 ruthenischen Priestern und dem lateinischen Bischof von Eger (Erlau); in mehreren Schüben schlossen sich bis 1734 weitere an.
Unter der scharfen Kirchenverfolgung durch die tschechoslowakischen Kommunisten nach dem Krieg hatten die Unierten vielleicht am allermeisten zu leiden. Die Ruthenen wurden zwangsweise der russischen Orthodoxie zugeführt. Anfang 1950 erklärte ein fingiertes Konzil einiger weniger unierter Priester in Presov "offiziell" den Übertritt ihrer Kirche zur Orthodoxie. Diese vermeintliche Selbstliquidierung ging mit einer amtlichen Übertragung ihres gesamten Besitzes an die Orthodoxie einher.
Verhältnis Staat und Kirche hat sich normalisiert
Die beiden Bischöfe Gojdic und Hopko wurden ins Gefängnis geworfen und über Jahre mit Isolationshaft, Schlaf- und Nahrungsentzug, Psychoterror und Gift gefoltert. Gojdic starb 1960 in Haft, sein Weihbischof wurde 1964 mit schweren seelischen und körperlichen Schäden freigelassen. Einer Gruppe von Katholiken gelang es, die Tradition als Geheimkirche fortzuführen bis zum kurzen "Prager Frühling" 1968. Dann gelang es Bischof Hopko immerhin, die Wiederzulassung seiner Kirche und deren Finanzierung durch Staatszuweisungen zu erreichen.
Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche hat sich unterdessen lange normalisiert. Die Griechisch-Katholischen erhalten wie die Römisch-Katholischen einen Staatszuschuss, mit dem in habsburgischer Tradition unter anderem auch die Pfarrgehälter bestritten werden.
2003 machte die Stadt Presov die verfolgten Bischöfe Gojdic und Hopko posthum zu Ehrenbürgern. Sogar zwei Straßen wurden nach ihnen benannt.
Abseits der offiziellen Szenerie wird sich an diesem Dienstag noch eine kleine Szene abspielen, auf die sich Metropolit Babjak besonders freut. Der leidenschaftliche Pilzsammler ist als Mitglied der vatikanischen Ostkirchenkongregation auch häufiger in Rom - und Franziskus begrüßt seinen jesuitischen Mitbruder dann immer mit der Frage: "Und - hast du mir wieder getrocknete Steinpilze mitgebracht?" Die Antwort dürfte klar sein. Schließlich ist dafür derzeit auch in der Ostslowakei absolute Hochsaison.