Schock im beschaulichen Friedensberg: An der altehrwürdigen Gregor-Hubertini-Universität wird eine Leiche gefunden, ausgerechnet der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät. Anton Gerstmaier, 62, starb durch Schüsse in den Hinterkopf. Den Täter scheint der professorale Priester, der die Fakultät mit eiserner Hand führte, selbst ins Büro gelassen zu haben. Ein Mord unter Kollegen? Können Theologen überhaupt töten, und wenn ja, warum?
"Es blieb ihm nicht einmal Zeit für ein letztes Gebet", heißt es jedenfalls leicht ironisch in dem soeben erschienenen Krimi "Toter Dekan - guter Dekan". Kommissar Bernd Kellert und sein Assistent Thiele haben nun den Mordfall Gerstmaier zu klären und müssen dabei tief in eine für sie eher fremde Welt eintauchen. Ausgedacht hat sich die hintersinnige Geschichte einer, der sich mit Hochschultheologie und ihren Abgründen bestens auskennt: Georg Langenhorst, Religionspädagoge und Professor an der Universität Augsburg.
Pater Braun lässt grüßen
Der im Würzburger Echter-Verlag erschienene Band ist beileibe nicht der erste Theologenkrimi, Pater Braun und andere lassen grüßen. Doch der Tatort katholische Fakultät ist wohl eine Premiere. Langenhorst, mit Frau und zwei Kindern nahe Nürnberg zu Hause, kam während der regelmäßigen Autofahrten zu seinem Arbeitsplatz auf die Idee zu dem Plot. "Das ist für mich eine sehr fruchtbare Zeit", erzählt der 54-Jährige. Der Stoff blieb dann einige Jahre liegen, ehe der Wissenschaftler die Zeit fand, den Krimi aufs Papier zu bringen - in seiner Freizeit wohlgemerkt.
Schwer fiel Langenhorst das nach eigenem Bekunden nicht. "Die Geschichte hat sich selbst erzählt", sagt er schmunzelnd. Dem gebürtigen Westfalen ist die Universität als Lebens- und Arbeitsort bestens vertraut. Sie sei mit ihren hierarchischen Strukturen "voller Aggressionen und Machtkämpfe", man kämpfe miteinander und auch gegeneinander. Selbst unter den von Haus aus friedfertigen Theologen gebe es die Fantasie, "dass man sich manchmal gerne umbringen würde". Gerade das christliche Tötungsverbot sei dann der "besondere Reiz" gewesen, genau diese Grenze zu überschreiten.
Die Sprache der Kirche soll näher gebracht werden
Beim Schreiben hatte Langenhorst vor allem die klassische Campusnovel im Blick, die in Deutschland bisher gerne belächelt wird. Ein besonderes Anliegen ist dem Religionspädagogen, der schon zwei Kinderbücher verfasst hat, dabei auch die sprachliche Anschlussfähigkeit der Theologie. Eine der Hauptfiguren im Krimi beschwert sich nachdrücklich darüber, dass kein normaler Mensch mehr die Sprache der Kirche verstehe. "Erlösung, Erbsünde, Opfertod", werden die Kommissare gefragt, "können Sie mir sagen, was das bedeutet?"
Theologische Vorkenntnisse brauchen die Leser des Krimis nicht unbedingt mitzubringen - ein gewisses Grundinteresse schadet allerdings nicht. "Man muss ein bisschen Spaß haben beim Eintauchen in diese religiöse, theologische Welt", sagt der Autor. So wie die Kommissare, die den Mord am Ende natürlich aufklären können, sollen auch die Leser in ein ihnen bisher unbekanntes Terrain vordringen. Das wünscht sich zumindest der Autor für sein Romandebüt. Und was sagen Langenhorsts Kollegen zu dem belletristischen Ausflug?
Sie seien "ganz anders als die im Folgenden Geschilderten", schreibt der Autor vorsorglich in der Widmung zum Krimi. Die Reaktionen auf das Projekt seien sehr unterschiedlich gewesen, von "toll" bis "peinlich". Aber gelesen habe ihn noch keiner. An Ideen für weitere Krimis würde es dem 54-Jährigen nicht mangeln - er will erst einmal abwarten, wie sein Erstling ankommt. Und dann ist er auch noch Wissenschaftler: "Ich kann nicht ständig nebenher Romane schreiben."