"Im Moment ist es ruhig. Aber die Situation ist weiterhin sehr angespannt", sagt Matthew Man-oso Ndagoso, der katholische Erzbischof von Kaduna wenige Stunden nach den jüngsten Unruhen in der nigerianischen Millionenstadt. Am Sonntag waren dort Jugendliche durch die Straßen gezogen, hatten Reifen in Brand gesetzt und für Angst und Schrecken gesorgt. Auch am Montag sei die Unruhe noch überall spürbar, berichtet der Erzbischof im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
"Das friedliche Zusammenleben ist notwendig"
Vorausgegangen waren den Ausschreitungen Kämpfe zwischen Jugendlichen in Kasuwan Magani, einer Kleinstadt, die im gleichnamigen Bundesstaat an der Straße zwischen Kaduna und Kachia liegt. Lokalen Medienberichten zufolge war es am Donnerstag auf dem Markt zu einem Streit gekommen. Dieser eskalierte, mindestens 55 Menschen starben bei den Ausschreitungen. In einigen Berichten heißt es, dass sich Christen und Muslime bekämpften. Keine Kultur und Religion unterstütze die Missachtung des Lebens, ließ Nigerias Präsident Muhammadu Buhari nur wenig später durch seinen Sprecher Garba Shehu auf Twitter verkünden. "Das friedliche Zusammenleben ist notwendig für den Fortschritt einer jeden Gesellschaft."
Die Stadt Kaduna, aber vor allem der Süden des Bundesstaates sind bekannt für solche Ausschreitungen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ereigneten, etwa nach Auftritten evangelikaler Prediger, der Einführung der Scharia im Jahr 2000 sowie nach Erscheinen eines Artikels über Mohammed und die Miss-World-Wahl im Jahr 2002 in Nigeria. Während in den Dörfern der aufgeheizte Konflikt zwischen Farmern, Viehhirten und bewaffneten Banden die Krise weiter verschärft, ist Kaduna selbst längst zu einer geteilten Stadt geworden. Die Christen sind aus dem Norden in den Süden gezogen. Gemischte Wohnviertel gibt es kaum noch.
Anschläge durch Boko Haram
Nach Angaben der nigerianischen Nachrichtenagentur (NAN) entsandte die Polizei verschiedene Einheiten in die Gegend um Kasuwan Magani. "Tatsächlich hat man dieses Mal schnell reagiert. Auch deshalb ist die Situation unter Kontrolle", so Erzbischof Matthew Man-oso Ndagoso.
Im Bundesstaat Borno im Nordosten Nigerias verübte indes die Terrorgruppe Boko Haram am Wochenende erneut Anschläge. Nach Angaben der staatlichen Nothilfeagentur Nema kamen am Samstag 17 Kilometer außerhalb der Provinzhauptstadt Maiduguri zwölf Bauern ums Leben. Mindestens drei Menschen wurden verletzt. In der Nacht sollen Kämpfer drei weitere Dörfer überfallen, eine Person ermordet und 1.300 in die Flucht getrieben haben.
Binnenflüchtlinge in Nigeria
In der Region bleibt die Zahl der Binnenflüchtlinge hoch. Laut dem jüngsten Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in sechs Bundesstaaten mehr als 1,9 Millionen Menschen auf der Flucht, drei Viertel davon in Borno. Damit steigt die Zahl wieder an.
Erst eine Woche zuvor hatte eine Fraktion von Boko Haram eine Mitarbeiterin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (ICRC) getötet. Die 24-jährige Hauwa Mohammed Liman war im März entführt worden. Eine weitere Mitarbeiterin hatten die Terroristen bereits im September erschossen.
In Nigeria finden im Februar 2019 Präsidentschaftswahlen statt. Buhari, der erneut kandidiert, hatte die Beendigung des Terrors zu einer von drei Prioritäten während seiner ersten Amtszeit erklärt.