Ausstellung in Paderborn zeigt moderne Madonnen

Maria als Frau unserer Zeit

Die Künstlerin Sylvia Vandermeer beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Mutter Gottes als Frau der Gegenwart darstellen lässt. Mit der Ausstellung "Ave Maria – Moderne Madonnen" bricht sie traditionalistische Sehgewohnheiten.

Eine moderne Madonna mit Kind von Sylvia Vandermeer  (privat)
Eine moderne Madonna mit Kind von Sylvia Vandermeer / ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie stellen sich in eine Reihe mit ganz großen Künstlern, die alle Madonnen gemalt haben. Was fasziniert Sie persönlich an diesem Bildthema?

Malerin Sylvia Vandermeer in ihrem Atelier (privat)
Malerin Sylvia Vandermeer in ihrem Atelier / ( privat )

Prof. Dr. Sylvia Vandermeer (zeitgenössische Malerin): Über dem Bett meiner Großeltern im Schlafzimmer hing ein Druck der Madonna mit Kind von Raffael. Dieses Bild hat mich schon früh fasziniert. Später bin ich dann nach Florenz, Venedig und Rom gereist und habe die Werke von Tizian, Botticelli und Raffael studiert und mich auch mit den entsprechenden Malttechniken beschäftigt.

Nun frage ich mich bei meinen Bildern: Wie kann ich diese biblischen Inhalte ins Heute, ins Jetzt übersetzen? Das beschäftigt mich als Künstlerin seit vielen Jahren.

DOMRADIO.DE: Sie zeigen verschiedene Madonnen, Frauen mit jeweils verschiedener ethnischer Herkunft. Was bringen Sie damit zum Ausdruck?

Eine moderne Madonna von Sylvia Vandermeer (privat)
Eine moderne Madonna von Sylvia Vandermeer / ( privat )

Vandermeer: Wir hatten in Bayern zum Beispiel einen Priester aus dem Kongo, den Abbé Felix, der meine erste Ausstellung eröffnet hat. In unserer Gemeinde in Binz auf Rügen gibt es eine Maria aus Südkorea. Im Stift Heiligenkreuz in Wien bin ich einem Priesterseminaristen aus Nigeria begegnet. All diese Menschen haben mich inspiriert. Ich habe sie in Porträts festgehalten.

Das trifft auch auf das Madonnen-Projekt zu. Glaube ist für mich überall auf der Welt. Ein Freund von mir hat mir zum Beispiel Bilder aus seiner Kirche in Tansania gezeig, auf dem Jesus, Maria und Josef als Afrikaner dargestellt sind. Das ist so ein Aspekt, der mich ganz stark fasziniert, dass die katholische Kirche überall auf der Welt ist.

DOMRADIO.DE: Zwei dieser Madonnen sind mit Kind dargestellt, zwei ohne. Was steckt dahinter?

Vandermeer: Das klassische Bild, das wir kennen, ist Maria mit dem Jesuskind. Aber mich faszinieren auch die anderen Seiten an Maria. Zum Beispiel habe ich Maria Verkündigung einmal in einer Bushaltestelle in Wien dargestellt und mich gefragt, was würde passieren, wenn der Erzengel Gabriel mitten im Treiben einer Stadt auftaucht?

Ein weiteres Bild, das mich fasziniert, ist die Schutzmantelmadonna auf der wundertätigen Medaille oder Maria als Himmelskönigin.

Sylvia Vandermeer

"Marias Rolle ist nicht nur auf die der Mutter von Jesus beschränkt, so wie die Frau von Heute ebenfalls über die Mutterrolle hinausgeht."

Marias Rolle ist nicht nur auf die der Mutter von Jesus beschränkt, so wie die Frau von Heute ebenfalls über die Mutterrolle hinausgeht. Ich wollte stolze, selbstbewusste Frauen darstellen, die mitten im Leben stehen. Inspiriert haben mich dazu auch - ein ganz weiter Rückgriff - die Mosaiken von Ravenna aus dem sechsten Jahrhundert, in denen die Kaiserin Theodora als Persönlichkeit abgebildet ist.

DOMRADIO.DE: Ein Wort zur Technik. Ihre Bilder scheinen von Innen heraus zu leuchten. Wie bekommen Sie das hin?

Vandermeer: Ich verwende vor allem Lasurtechniken aus der Renaissance mit Eitempera und Öl. Die werden bis zu 20 Schichten übereinandergelegt. Anders als bei der Prima-Malerei, wo die Lichter quasi am Ende aufgesetzt werden, bildet die helle Untermalung einen Spiegel, durch den hindurch das Bild leuchtet.

Früher gab es wenig Licht in den Kirchen und so hat man diese Technik quasi als Verstärkung entwickelt. Das ist ein sehr aufwendiges Verfahren, aber das Ergebnis ist es mir wert, dass ich mir die Zeit nehme und diese Bilder mit dieser Technik herstelle.

Eine moderne Madonna von Sylvia Vandermeer (privat)
Eine moderne Madonna von Sylvia Vandermeer / ( privat )

DOMRADIO.DE: In die Hintergründe haben Sie jeweils Gold gemischt. Ist das eine Anspielung auf mittelalterliche Goldgründe, vielleicht auf Ikonen?

Vandermeer: Genau, Ikonen haben mich auch in diesem Projekt sehr stark inspiriert und ich arbeite gern mit Blattgold. Also Gold steht auch hier für das Göttliche und ich habe das zum Beispiel auch bei den Kreuzzügen verwendet, die ich geschaffen habe.

DOMRADIO.DE: Bevor die modernen Madonnen nach Paderborn kamen, haben Sie sie schon auf Ihrer Heimatinsel Rügen gezeigt. Was haben Sie da für Reaktionen bekommen?

Eine moderne Madonna von Sylvia Vandermeer (privat)
Eine moderne Madonna von Sylvia Vandermeer / ( privat )

Vandermeer: Die Reaktionen auf meine Bilder sind durchaus unterschiedlich. Während sich meistens junge Frauen und Jugendliche sehr angesprochen fühlen und sich wiederfinden in den Bildern, sind ältere Leute auch schon mal irritiert, weil es von ihren Sehgewohnheiten abweicht.

Ich will aber als Künstlerin nicht nur Ikonen schreiben, was ich auch ganz toll finde, sondern meine Intention ist es, das Heute in meinen Bildern abzubilden und meine Modelle so zu zeigen wie heute junge Frauen sind: mit der Kleidung, die sie anhaben, selbstbewusst, praktisch die Frauen unserer Zeit. Das ist mein Ziel.

Sylvia Vandermeer

"Während sich meistens junge Frauen und Jugendliche sehr angesprochen fühlen und sich wiederfinden in den Bildern, sind ältere Leute auch schon mal irritiert, weil es von ihren Sehgewohnheiten abweicht."

Das Interview führte Moritz Dege.

Information der Redaktion: Vom 10. Januar 2023 bis zum 10. März 2023 werden die Modernen Madonnen von Sylvia Vandermeer in den Schaufestern der Bank für Kirche und Caritas in Paderborn gezeigt. Unterstützt wird das Projekt vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken.

Quelle:
DR