Kirchen trauern mit Opfern von Magdeburg

Aufruf zu Gebet

Mindestens vier Tote, dazu etliche Schwerverletzte, zum Teil in Lebensgefahr. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist die Trauer groß. Eher verwirrend ist das, was bisher über den Täter bekannt ist.

Ein Absperrband der Polizei hängt vor dem Eingang zum Weihnachtsmarkt. Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. / © Sebastian Kahnert (dpa)
Ein Absperrband der Polizei hängt vor dem Eingang zum Weihnachtsmarkt. Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. / © Sebastian Kahnert ( dpa )

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Die beiden großen Kirchen in Deutschland trauern mit den Angehörigen der Opfer des Anschlags am Magdeburger Weihnachtsmarkt und beten für die Verletzten und die Verstorbenen sowie für deren Angehörige. "Unsere Gedanken und Gebete sind in diesen Stunden in Magdeburg", erklärten die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der DBK (DR)
Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der DBK / ( DR )

"Der menschenverachtende Anschlag von Magdeburg macht uns fassungslos", fügten sie hinzu: "Das Entsetzen, die Trauer und die Anteilnahme empfinden heute viele Menschen in ganz Deutschland und weltweit."

So viele unschuldige Menschen seien "dieser sinnlosen Gewalt unmittelbar vor dem Weihnachtsfest zum Opfer gefallen", so Bätzing und Fehrs weiter: "Unser Dank gilt den engagierten Einsatzkräften, die seit gestern Verletzte versorgen und unter Hochdruck aufklären, was geschehen ist, sowie den Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern, die in diesem Moment den Menschen zur Seite stehen und Traumatisierte begleiten."

Ein seit 2006 in Deutschland lebender Arzt aus Saudi-Arabien war am Freitagabend mit einem Auto in die Menschenmenge gerast. Dabei waren mindestens vier Menschen getötet und rund 200 zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Die genauen Hintergründe sind noch nicht bekannt. Die Polizei hat keine Hinweise auf mögliche Mittäter, auch soll sich der mutmaßliche Täter online mehrfach islamkritisch geäußert haben. Hinweise auf ein Motiv für die Tat sind bislang nicht bekannt. Die Polizei wollte weitere Details zu den Ermittlungen am Nachmittag mitteilen.

Gedenkgottesdienst im Dom

Am heutigen Samstagabend um 19 Uhr gibt es einen ökumenischen Gedenkgottesdienst im Magdeburger Dom, unter anderem mit dem evangelischen Landesbischof von Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, dem katholischen Bischof Gerhard Feige und dem evangelischen Landesbischof von Sachsen, Tobias Bilz.

Außerdem wird am Westportal der Johanniskirche in der Nähe des Tatorts eine Gedenkstelle eingerichtet. Das katholische Bistum in Magdeburg erklärte, auch die Kathedrale Sankt Sebastian bleibe geöffnet als Raum zum Innehalten und Gedenken.

Berliner Bischof spricht von "Nacht des Entsetzens"

"Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein von einer Nacht des Entsetzens und der Fassungslosigkeit. "Wir kommen nicht zur Ruhe. Mitten hinein in die Vorfreude auf Weihnachten ist ein Mann mit einem Auto gerast", sagte Stäblein am Samstag im RBB-Radio 88.8. Diese furchtbare Todesfahrt lasse die Menschen in Berlin in besonders schmerzlicher Weise solidarisch sein mit allen Menschen der Stadt Magdeburg.

 Theologe Christian Stäblein, evangelischer Bischof für Berlin, Brandenburg und die schlesische Oberlausitz  / © Christian Ditsch (epd)
Theologe Christian Stäblein, evangelischer Bischof für Berlin, Brandenburg und die schlesische Oberlausitz / © Christian Ditsch ( epd )

Wie bei dem islamistischen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 gebe es Tote und zahlreiche Verletzte. "Das zerreißt alle vorweihnachtliche Freude", sagte Stäblein: "Wir suchen nach Worten, ringen mit dem Schrecken und dem Unfassbaren, versuchen Angst und Wut im Griff zu behalten."

Erst am Donnerstag habe Berlin in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche der Opfer vom Breitscheidplatz gedacht und Seite an Seite mit den Angehörigen gestanden. "Der Schmerz bleibt. Nichts wird wie vorher. Nach dem gestrigen Anschlag ist das alles wieder vor Augen. Wir empfinden sehr nah, was die Menschen in Magdeburg jetzt empfinden an Schock und Trauer, wir sind bei ihnen in Gedanken", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Bischof Feige erschüttert über "abgründige Tat"

Bischof Feige zeigte sich erschüttert. "Gerade in diesen Tagen und vor einem Fest, wo uns die Botschaft von der Liebe Gottes, der Würde des Menschen und die Sehnsucht nach einer heilen Welt besonders bewegen, ist eine solche Tat umso erschreckender und abgründiger", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Ich denke an die Betroffenen, ihre Angehörigen und die Einsatzkräfte und schließe sie in mein Gebet ein."

Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg / © Dominik Wolf (KNA)
Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg / © Dominik Wolf ( KNA )

Zugleich sieht der Bischof angesichts dieser Gewalttat auch die Gesellschaft gefordert. Sie müsse jeglichem Extremismus noch entschiedener entgegentreten und sich noch mehr für ein friedvolles Miteinander einsetzen. Feige dankte allen Rettungskräften und verwies darauf, dass etliche Notfallseelsorger vor Ort im Einsatz seien.

Auch der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ drückte sein Mitgefühl für die Opfer und Angehörigen aus. Er verurteilte die Tat scharf: "Dieser Anschlag auf friedliche Menschen so kurz vor Heiligabend ist grausam und verabscheuungswürdig. Es ist ein Angriff auf unsere freie Gesellschaft, der durch nichts zu rechtfertigen ist.“

Warnung vor voreiligen Reaktionen

Landesbischof Kramer erklärte am Samstag: "Wir sind in unseren Gebeten und Gedanken bei den Opfern und Angehörigen. Sie brauchen jetzt unseren Beistand und unsere Anteilnahme". Auch er dankte allen Einsatzkräften und verwies auf das Angebot der Notfallseelsorge.

Sachsens Landesbischof Tobias Bilz warnte vor zu schnellen politischen Appellen und Rückschlüssen, solange die Hintergründe nicht geklärt seien: "Wir sind aufgewühlt und die Ohnmacht ist schwer zu ertragen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns im Leid verbinden und voreiligen Reaktionen widerstehen."

Weltkirchenrat ÖRK verurteilt Anschlag

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) verurteilte am Samstag den Anschlag. "Diese Gewalttat, die auf einen Ort der Freude, der Einheit und des Friedens abzielt, ist eine eklatante Verletzung der Menschenwürde und steht im Widerspruch zum Geist der Weihnacht, der uns zu Liebe, Mitgefühl und gutem Willen aufruft", erklärten Generalsekretär Jerry Pillay und Weltkirchenrats-Moderator Heinrich Bedford-Strohm.

Sie bekundeten ihre Solidarität mit den Opfern und dem deutschen Volk und riefen zum Gebet auf: "Lasst uns gemeinsam Hass und Gewalt in jeder Form zurückweisen und als Werkzeuge des Friedens Gottes in einer zerrissenen Welt standhaft bleiben". Der ehemalige bayerische Landesbischof Bedford-Strohm fügte hinzu: "Wir gedenken der Angehörigen im Gebet. Wir bringen unsere Klage über diese sinnlose Gewalt vor Gott. Wir werden uns niemals damit abfinden."

Scholz ruft in Magdeburg zu Zusammenhalt gegen Hass und Gewalt auf

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht am 21. Dezember 2024 am Rande des Weihnachtsmarkts zu den Medien in Magdeburg, nachdem am Vorabend ein Anschlag auf den Weihnachtsmarkt verübt worden ist.  / © Karin Wollschläger (KNA)
Bundeskanzler Olaf Scholz spricht am 21. Dezember 2024 am Rande des Weihnachtsmarkts zu den Medien in Magdeburg, nachdem am Vorabend ein Anschlag auf den Weihnachtsmarkt verübt worden ist. / © Karin Wollschläger ( KNA )

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach dem Anschlag in Magdeburg zu Zusammenhalt gegen Hass und Gewalt aufgerufen. "Wenn so ein schlimmes, furchtbares Ereignis geschieht, dann müssen wir als Land zusammenhalten, dass nicht der Hass uns bestimmt", sagte er am Mittag am Tatort: "Was für eine furchtbare Tat ist das, Menschen an solch einem Ort so zu brutal zu verletzen?"

Er versicherte den "unschuldigen Opfern einer furchtbaren, wahnsinnigen Tat" und deren Angehörigen die Solidarität des ganzen Landes. Zugleich versprach er, dass der Täter mit aller Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werde. Zuvor hatte Scholz den Tatort besichtigt und sich länger mit Einsatzkräften ausgetauscht.

Bistum Magdeburg

Das Bistum Magdeburg zählt zu den jüngsten Bistümern in der Bundesrepublik. Die Geschichte des katholischen Glaubens in der Region reicht allerdings zurück bis ins achte Jahrhundert.

Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf (KNA)
Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA