"Die Leute, die dort hingehen, sind doch ohnehin bereits in der Kirche engagiert. Und noch schlimmer: In Münster werden auch tausende Kirchenmitarbeiter herumlaufen - in ihrer Arbeitszeit. Diese Personalkosten wären besser in der Seelsorge investiert, nicht in dieser Selbstbespaßung", sagte Flügge der "Augsburger Allgemeinen" am Dienstag.
Nach Veranstalterangaben kostet der Katholikentag, der noch bis Sonntag in Münster stattfindet, etwa 9,3 Millionen Euro. Gut zwei Drittel davon trägt die Kirche selbst.
Mitarbeiter an den Haustüren klingeln lassen
Flügge forderte, die Kirche müsse umdenken. "Sie muss sich nach dem allergrößten Anteil ihrer Mitglieder ausrichten - und das sind eben nicht die zehn Prozent, die zu einem Katholikentag gehen oder am Sonntag in die Kirche. Die zehn Prozent der aktiven Kirchenmitglieder verbrauchen das gesamte Geld, die gesamten Personalressourcen der Kirche - während die übrigen 90 Prozent der Kirchenmitglieder nichts davon abbekommen."
Die Kirche solle besser verstärkt auf die Menschen zugehen und ihre Mitarbeiter an den Haustüren klingeln lassen. "Es braucht doch keine großen, leeren Gotteshäuser, sondern mehr Gebete in den Wohnzimmern. Das wäre dann auch nah am frühen Christentum."
Kirche solle sich nicht um sich selbst kreisen
Flügge ergänzte, er erwarte vom Katholikentag keine Impulse für eine Veränderung der Kirche. "Von den vergangenen Katholikentagen ist die Botschaft ausgegangen, dass alles gleich bleibt oder dass man noch mehr um sich selbst kreist." Er äußerte sich auch zur Einladung des kirchenpolitischen Sprechers der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz.
Diese sei ein "Riesenfehler". Flügge erklärte: "Dies wird den Katholikentag komplett überlagern. Es wird in der öffentlichen Diskussion darum gehen: Wie stark wird die AfD in Münster provozieren - und wie unfähig wird der Katholizismus sein, mit dieser Provokation umzugehen?"
Buch über Sprache der Kirche sorgte für Aufsehen
Flügge ist ein katholischer Germanist und Politologe. 2016 sorgte er mit seinem Buch "Der Jargon der Betroffenheit. Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt" für Aufsehen.