Auffällig ist, wie pragmatisch der Thomaskantor mit den eigenen Werken umging – häufig überarbeitete er ältere Kompositionen und unterlegte sie mit einem neuen Text. Nur so ließ sich die enorme Arbeitsbelastung einigermaßen bewältigen, der er als Thomaskantor ausgesetzt war – denn bis auf wenige Sonntag im Jahr musste Bach praktisch wöchentlich eine Kantate proben und aufführen – und oft genug musste er sie sogar noch vorher komponieren.
Nur der Sopran hat's leicht
Und dennoch setzt Bach auf Qualität und verlangte seinem Chor einiges ab. Die Kantate "Jesu, nun sei gepreiset" (BWWV 41) für den Neujahrstag zum Beispiel ist chorisch und fürs Orchester durchaus anspruchsvoll. Während der Sopran entspannt die Melodie des gleichnamigen Kirchenliedes von Johann Hermann singt, müssen alle anderen Stimmen zahlreiche Koloraturen, also schnelle Tonfolgen, bewältigen, dann baut Bach noch einen effektvollen Tempowechsel in der Mitte des Eingangschores ein und dann fügt sich ein fugatoähnlicher Chorteil an, das dann in eine Art Reprise des ersten Teils des Eingangschores mündet – alles sehr klangvoll mit Pauken und Trompeten, aber keinesfalls zu unterschätzen. Bach führte die Kantate am 1. Januar 1725 erstmals auf.
"Singet den Herrn" gleich mehrmals vertont
"Singet dem Herrn ein neues Lied“ ist nicht nur ein bekanntes Psalmzitat, sondern wurde auch oft vom Leipziger Thomaskantor in Musik gesetzt. Einmal als achtstimmige Motette und dann als gleichnamige Kantate für den Neujahrstag, genauer gesagt schrieb er die Kantate in seinem ersten Jahr in Leipzig für Neujahr 1724.
Der Tag wurde als Fest der Beschneidung des Herrn gefeiert. Zentral ist das Lob des Menschen an Gott und die Zuversicht, dass Gott die Dinge zu einem guten Ende leiten wird. Die Besetzung umfassst drei Gesangssolisten, Chor und Orchester. Übrigens bearbeitete Bach das Werk für die Zweihundertjahrfeier des Augsburger Bekenntnisses am 25. Juni 1730.
In der Sendung "Musica" erklingt am zweiten Tag des Jahres 2022 natürlich die ältere Fassung für Neujahr.