Christen und Christinnen sollen sich auch in einer zunehmend nicht-religiösen Gesellschaft in wichtigen politischen Fragen zu Wort melden - dazu hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing aufgerufen. "Wir müssen vernehmbar bleiben und die Stimme gerade für die erheben, die übersehen werden und keine Lobby haben", sagte Bätzing am Montagabend im Eröffnungsgottesdienst der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe in Fulda. "Die Rede von Gott und von der Verantwortung vor Gott darf nicht verstummen."
Zugleich beobachtet Bätzing, dass viele Menschen scheinbar folgenlos nicht mehr nach Gott fragten: "Tatsache ist, dass den meisten nichts fehlt, wenn sie ohne Religion und Glauben ihr Leben gestalten." Gott als Begründung ethischer Entscheidungen und moralischen Handelns falle zunehmend weg.
Der Bischof zeigte sich aber überzeugt, dass auch eine säkulare Gesellschaft von christlichen Positionen profitiere, etwa bei den Debatten um Krieg und Frieden, um Migration, Klimaschutz oder um eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs. Gleichzeitig wandte sich Bätzing gegen moralische Überheblichkeit. "Ich würde auch nie behaupten, dass unsere Orientierungsbeiträge zu wichtigen Fragen der Weisheit letzter Schluss seien."
Kritik an Papst Franziskus
Zum Auftakt der Herbstvollversammlung hatte Bätzing kritisiert, dass Papst Franziskus keine kirchliche Vertreterin aus Deutschland als Teilnehmerin für die Weltsynode im Vatikan benannt hat. "Ich bedauere es sehr, dass keine Frau aus Deutschland berufen worden ist", sagte Bätzing bei der ersten Pressekonferenz in Fulda.
Beim Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland - dem Synodalen Weg - hätten sich viele profilierte Frauen engagiert, sagte Bätzing. "Da hätte eine Berufung nahe gelegen." Der Papst habe das aber "bedauerlicherweise nicht getan".
Fünf Bischöfe in Rom dabei
Anfang Oktober kommen mehrere Hundert Bischöfe und Kirchenvertreter aus aller Welt in Rom für die gut dreiwöchigen Beratungen der Weltsynode zusammen. Aus Deutschland nehmen neben Bätzing vier weitere Bischöfe teil. Berufen wurden zudem der Geschäftsführer des Hilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, die Theologen Antonio Autiero und Thomas Söding, der Jesuit Clemens Blattert sowie der Pressesprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Deutschsprachige Vertreterinnen aus Europa sind Helena Jeppesen-Spuhler aus der Schweiz und die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, Anna Mirijam Kaschner.
Die 61 deutschen Bischöfe und Weihbischöfe beraten bis Donnerstag in Fulda nicht nur über das Weltkirchentreffen in Rom. Themen sind auch die Nahostkrise, das vom Papst ausgerufene Heilige Jahr 2025, die Zukunft der katholischen Theologie in Deutschland sowie die christliche Polizeiseelsorge.
Als Gast wird der Jerusalemer Patriarch, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, erwartet. Fast ein Jahr nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel sagte Bätzing: "Dieser Terror muss aufhören. Diese kriegerischen Zustände müssen enden."
Kirche muss sparen
Weil viele Menschen aus der Kirche austreten, müssen die Bischöfe auf die Kostenbremse treten. "Es muss gespart werden", sagte die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles. Gefordert sei dabei auch die Solidarität der Bistümer untereinander.
Im vergangenen Jahr waren etwa 400.000 Menschen aus der katholischen Kirche in Deutschland ausgetreten. Die Zahl der Mitglieder sank auf 20,3 Millionen Menschen. In den kommenden Jahren rechnen die Bischöfe mit deutlich sinkenden Kirchensteuereinnahmen.
Bischof Bätzing verwies darauf, dass die Kirche auch in Österreich und anderen europäischen Ländern viele Mitglieder verliere. "Das muss uns wachrütteln", sagte er.