Justizminister Winfried Bausback und Staatskanzleichef Marcel Huber (beide CSU) kündigten am Dienstag in München den juristischen Prüf-Verzicht an. Am selben Tag habe es eine entsprechende Kabinettsentscheidung gegeben.
Grund dafür seien die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen juristischen Gutachten. Die Staatskanzlei hatte damit im September 2017 die Juristen Ferdinand Wollenschläger von der Universität Augsburg und Dagmar Coester-Waltjen von der Universität Göttingen beauftragt.
Geringe Erfolgsaussichten
Bausback sagte, die Entscheidung im Bundestag vom 30. Juni 2017 sei in der Tat im "Hauruck-Verfahren" getroffen worden. Doch die Gutachten stellten überzeugend dar, dass der Bundesgesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten habe. Die Erfolgsaussichten, gegen das Gesetz zu klagen, seien deshalb als gering einzuschätzen.
Deutlich geworden sei auch, aufgrund des gesellschaftlichen Wandels, der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgebildet sei, sei die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe kein exklusives und prägendes Strukturmerkmal mehr. Diesen Wandel belegten auch die Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen in anderen Staaten und ihre positive Bewertung durch andere Verfassungsgerichte.
Trotz der Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare genieße die Ehe weiter hohen Verfassungsrang. Sie stehe unter dem besonderen Schutz des Staates, betonte Bausback. So bleibe damit verbunden, dass es sich um eine Verbindung von zwei Menschen handle und auf Dauer angelegt sei. Die Staatsregierung hält laut Huber politisch am Leitbild der traditionellen Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Frau und Mann fest. Sie sei die Grundlage für Familien, in denen Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwüchsen. Zugleich werde eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften ausdrücklich abgelehnt.
Erzbistum München bedauert Entscheidung
Die katholische Kirche bedauerte die Entscheidung. Für die Rechtssicherheit wäre es wünschenswert gewesen, den Weg nach Karlsruhe zu gehen, sagte Bernhard Kellner, Sprecher des Münchner Kardinals Reinhard Marx, auf Anfrage.
Marx, der auch Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte mehrfach erklärt, er wünsche sich, das Bundesverfassungsgericht möge sich mit der "Ehe für alle" beschäftigen. Die katholische Kirche hätte die alte Regelung gerne behalten. Letztlich aber sei es Aufgabe des Staates, so der Kardinal im vergangenen Jahr, die Angelegenheit zu regeln; die Kirche habe sich zurückzuhalten.
Wollenschläger, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, berät als Sachverständiger zahlreiche Landesparlamente, Bundestag und Bundesrat sowie das Europäische Parlament und die Europäische Kommission. Er nahm sich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes an. Coester-Waltjen, Expertin im Internationalen Familienrecht, war mit der vergleichenden Prüfung der internationalen Rechtslage beauftragt worden.