DOMRADIO.DE: Sie sind auf der Hauptversammlung des BDKJ mit großer Mehrheit für weitere drei Jahre im Amt bestätigt worden. Ihre Wiederwahl kam nicht ganz überraschend, oder?
Gregor Podschun (Vorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend / BDKJ): Ich habe schon immer einen großen Rückhalt im Verband gespürt. Deshalb war die Wiederwahl nicht sehr überraschend. Dass es jedoch so ein überragendes Ergebnis ist, macht mich sprachlos und gibt mir sehr großen Rückhalt. Dafür bin ich sehr dankbar.
DOMRADIO.DE: Wo konkret muss sich Ihrer Meinung nach die Kirche wandeln?
Podschun: Wir merken sehr stark, dass Kirche keine Volkskirche mehr ist und dass Menschen aus der Kirche austreten. Und wir müssen darauf schauen, wo das herkommt. Ich glaube, es liegt daran, dass wir erkennen, dass Kirche leider auch Gewalt und Leid verursacht - nicht nur an den Betroffenen sexualisierter Gewalt, sondern auch an Menschen, die beispielsweise homosexuell oder LGBTQI-Personen sind.
Ich glaube, dass wir, um dem Evangelium wieder gerecht zu werden, dringend einen Wandel in dieser Kirche brauchen, um eine menschengerechte und eine evangeliumsgerechte Kirche zu schaffen.
DOMRADIO.DE: Tragen diese Vorstellungen alle Delegierten mit?
Podschun: Meine Wiederwahl zeigt auf jeden Fall, dass es dafür einen sehr großen Rückhalt gibt. Wir haben einen einstimmigen Beschluss gefasst, der mehr Mut zur Synodalität einfordert und auch den Synodalen Weg bewertet.
Ich glaube, dass im Verband ein sehr großer Rückhalt genau für diesen Wandel besteht. Es stärkt mich auch in meinem Tun und meiner Arbeit, dass alle Delegierten sagen, dass das, was ich dort im Synodalen Weg vorgebracht habe, der richtige Weg für junge Menschen ist.
DOMRADIO.DE: Sie waren auch bei den Synodalversammlungen dabei. Geht die Aufarbeitung rund um sexualisierte Gewalt in der Kirche voran?
Podschun: Das muss differenziert bewertet werden. Zum einen glaube ich schon, dass der Synodale Weg Erfolge erzielt hat, wichtige Beschlüsse gefasst hat und auch ganz viele Machtstrukturen in dieser katholischen Kirche sichtbar gemacht hat.
Zugleich ist es aber so, dass die systemischen Risikofaktoren sexualisierter Gewalt nicht ausreichend berührt wurden. Wir stellen uns als Jugendverbände schon die Frage: Was bedeutet es, dass wir eine MAG-Studie haben, die uns das aufzeigt, die aber nicht ausreichend bearbeitet wird und diese Risikofaktoren nicht ausreichend abgeschafft werden?
Davon sind wir enttäuscht. Ich glaube, dass wir an diesem Thema dranbleiben müssen und das weiter im Sinne der Betroffenen sexualisierter Gewalt einfordern müssen.
DOMRADIO.DE: Am Samstagabend gab es den Startschuss zur Anmeldung für die BDKJ Sozial Aktion "72 Stunden - Uns schickt der Himmel". Nächstes Jahr im April geht es los. Was passiert da?
Podschun: Die 72-Stunden-Aktion macht zum einen ganz geballt in 72 Stunden sichtbar, was Jugendverbände sowieso schon Tag für Tag leisten. Sie macht aber auch sichtbar, dass Christ und Christin sein nicht nur heißt, fromm zu sein und Texte im Synodalen Weg zu verabschieden, sondern tatsächlich tätig zu werden und anzupacken und für andere Menschen da zu sein.
160.000 Kinder und Jugendliche haben das bei der letzten 72-Stunden-Aktion getan und wir freuen uns sehr darauf, dass Kinder und Jugendliche wieder für andere tätig werden und die 72-Stunden-Aktion zum dritten Mal bundesweit stattfinden kann.
DOMRADIO.DE: Fühlen Sie als Bundesvorsitzender noch, dass Sie etwas bewegen können?
Podschun: Ich bin ein bisschen auf einer anderen Ebene tätig. Mein Job ist mehr Lobbyarbeit. Aber auch da merken wir natürlich eine Wirksamkeit, dass das, was wir tun und das, was wir in den verschiedenen Gremien und Gruppen, in denen wir uns bewegen, anbringen, etwas für Kinder und Jugendliche bewirkt. Dass wir da sein können, um Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Kinder und Jugendliche selbstbestimmt leben können.
Das Interview führte Verena Tröster.