Der Anblick Tausender Soldaten aus mehr als 40 Nationen wäre in jedem anderen Städtchen ungewöhnlich. Nicht so im französischen Lourdes. Seit Jahrzehnten dreht sich hier einmal im Jahr alles um das Militär. Uniformen, Spielmannszüge, und marschierende Soldaten prägen in diesen Tagen während der 61. Internationalen Soldatenwallfahrt das Stadtbild.
Auch die Bundeswehr ist mit rund 800 Soldaten, darunter etliche Nichtkatholiken, aus Deutschland angereist. Für einige ist es der erste Besuch in Lourdes.
"Eine besondere Erfahrung"
Fabian Weigand, Obergefreiter aus Bad Salzungen, ist einer der Teilnehmer. Er gehört der evangelischen Kirche an und ist vor allem für Begegnungen mit anderen Soldaten nach Lourdes gekommen. "Das ist der wertvollste Aspekt der Pilgerreise für mich.
Hier versammeln sich Soldaten aus aller Welt im Namen des Friedens - egal, ob sie christlichen Glaubens sind oder nicht", sagt er. Dienstverhältnisse und Ränge rückten in den Hintergrund und machten Platz für eine Form der Menschlichkeit, die sonst im Dienstalltag fehle. "Das ist eine ganz besondere Erfahrung", so Weigand.
Ein viel diskutiertes Thema unter den Militärs, die den Marienwallfahrtsort in den Ausläufern der Pyrenäen besuchen, ist die Wertschätzung ihrer Arbeit. "Die Menschen in Lourdes pflegen eine sehr offene Einstellung gegenüber uns Soldaten", berichtet Weigand. "In Deutschland erleben wir häufig das Gegenteil. Wer dort in Uniform auf der Straße unterwegs ist, erfährt oft Geringschätzung und Intoleranz."
Der Stabsgefreite Kevin Riesel aus Erfurt kann dem nur zustimmen. Für einen Soldaten, der im Ernstfall sein Land schütze und sich für andere Menschen einsetze, sei es kränkend, wenn er außerhalb der Kaserne schief angeschaut oder angepöbelt werde. "Deutschland braucht einen anderen Umgang mit der Bundeswehr und ihren Soldaten", fordert er.
Fehlende Anerkennung
Militärseelsorger Martin Diewald sieht das ähnlich: "Ich höre oft, dass Uniformen in der Öffentlichkeit oder im Nahverkehr für viele Soldaten ein 'No-Go' sind. Fehlende Anerkennung für ihre Arbeit empfinden viele Bundeswehrangehörige als eine Enttäuschung." Um das Bild des Soldaten in der Gesellschaft positiv zu verändern, brauche es mehr als nur finanzielle Anreize, sagt Diewald.
Eine größere Attraktivität der Bundeswehr könne nicht mit Zulagen und Prämien erreicht werden, sondern nur durch Akzeptanz und Respekt. "Wir müssen uns als Gesellschaft die Frage stellen, welchen Stellenwert die Bundeswehr einnimmt und wo sie präsent sein darf", so der Seelsorger.
Für die Hauptgefreite Annemarie Lux aus Erfurt hat der Umgang mit und auch zwischen den Soldaten in Lourdes Vorbildcharakter: "Die Gesellschaft sollte sich an dem positiven Miteinander, das während der Wallfahrt in Lourdes herrscht, ein Beispiel nehmen", meint sie.
"Hier kommen Nationen zusammen, die in der Vergangenheit Krieg gegeneinander geführt haben, aber nun trotzdem einen respektvollen Umgang miteinander pflegen und sich akzeptieren."