domradio: Herr Weihbischof, worüber werden Sie beim Festakt heute sprechen?
Jaschke: Ich habe eine ganz bescheidene Aufgabe, ich darf eröffnen. Aber es ist auch eine ganz wichtige Aufgabe: Ich darf mit einem Gebet eröffnen. Ich werde das Gebet in einen größeren Zusammenhang stellen, werde sagen, warum es so wichtig ist, warum wir in den Religionen beten. Wir können nicht zusammen beten, weil wir verschiedene Bilder und Vorstellungen von Gott haben. Aber wir können doch jeder in seiner eigenen Tradition beten. Und es ist wichtig, dass wir gemeinsam erfahren: Im Gebet drückt sich das Wesen der Religion aus, nicht in politischen Dingen. Und nicht darin, dass wir uns vereinnahmen lassen in irgendwelchen Gegebenheiten dieser Welt.
domradio: Aufgabe der Cibedo ist es, den Dialog zwischen Christentum und Islam. Und auch das Zusammenleben von Christen und Muslimen zu fördern. Inwiefern geschieht das jetzt? Und wie vor 30 Jahren?
Jaschke: Cibedo ist hervorgegangen aus einer Einrichtung der weißen Väter. Die weißen Väter haben ja in Afrika große Erfahrungen mit den Muslimen gesammelt, haben eine große Bibliothek aufgebaut. Und dann hat die Deutsche Bischofskonferenz das übernommen als ein Institut für die Begegnung. Und als Institut für die Dokumentation, also auch als wissenschaftliches Institut: Hier wird gesammelt und dokumentiert. Wir machen aber auch Veranstaltungen. Wir haben eine große Veranstaltung vor zwei Jahren durchgeführt, bei der wir mit Muslimen aus der Türkei und aus anderen Ländern über die Religion im säkularen Staat gesprochen haben. Eine hochaktuelle und wichtige Frage ist das: Wie kann sich der Islam in einem säkularen Staat darstellen und behaupten. Und dann ist immer wieder entscheidend für den Dialog, dass man Misstrauen und Missverständnisse abbaut, gerade in diesen aufgeregten Zeiten muss nur ein Wort schief etwas sitzen und dann geht die Debatte los. Wichtig ist, dass wir uns kennen und einander vertrauen können.
Jaschke ist Beauftragter der Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog. Hören Sie hier das Gespräch in voller Länge.
Cibedo - gestern und heute
Was als Einrichtung des Missionsordens der Weißen Väter in Köln begann, ist über die Jahre eine in Frankfurt ansässige Arbeitsstelle der Deutschen Bischofskonferenz geworden.
In den von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen gemieteten Räumlichkeiten verfolgen Geschäftsführer Peter Hünseler und fünf Mitarbeiter, wie sich die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in Deutschland und weltweit entwickeln. Rund 10.000 Bände umfasst die auf engem Raum gedrängte Fachbibliothek, die neben einschlägigen Büchern in vielen Sprachen auch Zeitschriften aus diesem Gebiet führt.
Die hauseigene Vierteljahres-Zeitschrift, die "Cibedo-Beiträge zum Gespräch zwischen Christen und Muslimen" ist nach Hünselers Wissen die einzige regelmäßige Publikation in Deutschland zu diesem Thema.Allerdings würde er sich einen größeren Verbreitungsgrad besonders unter Muslimen wünschen. Eine Gelegenheit, Cibedo und seine Arbeit bekannter zu machen, wird sich Ende Januar bieten, beim Festakt zum 30. Jubiläum und der nachfolgenden Fachtagung zum theologischen Dialog mit dem Islam in Europa.
"Obwohl der christlich-islamische Dialog sicherlich befriedigender sein könnte, hat er in den vergangenen 30 Jahren an Bedeutung gewonnen", bilanziert Hünseler, der die Stelle seit vier Jahren leitet. Ziel sei stets das friedliche Zusammenleben der Menschen, in einer Gesellschaft und weltweit. In Deutschland sei der christlich-islamische Dialog auch wichtig geworden als "flankierende Maßnahme zum Dialog des Staates mit den Muslimen". Nach Meinung des promovierten Politikwissenschaftlers, der 15 Jahre im Nahen und Mittleren Osten gelebt hat, müssen die Religionsvertreter über gemeinsame Werte diskutieren, über die Gleichheit zwischen Frau und Mann, Menschenrechte, Toleranz und Religionsfreiheit.
Die alltäglichen Mühseligkeiten des Dialogs
Cibedo bereitet gerade eine Publikation vor, die alle Grundlagentexte der katholischen Kirche zum Umgang mit dem Islam vereinen soll. Angefangen mit der Erklärung Nostra Aetate, die für Hünseler eine Art kopernikanische Wende im Umgang der Kirche mit anderen Religionen darstellt. "Papst Johannes Paul II. hat diese Erklärung mit Leben gefüllt, indem er eine Moschee besucht und das Weltgebet der Religionen in Assisi veranlasst hat".. Papst Benedikt XVI. verlasse nun die Ebene der Gesten, um sich stärker inhaltlich mit dem Islam auseinanderzusetzen, zu rationalisieren und theoretisieren.
Interreligiöse Begegnungen erfordern Ressourcen, und Hünseler weiß, dass die materielle Grundlage bei Muslimen und Christen kaum vergleichbar ist: "Wir haben keine personellen Schwierigkeiten und gut ausgestattete Institutionen. Die Muslime müssen sich dagegen schon ein bisschen aussuchen, was sie tun." Der inhaltliche Dialog mit den Religionsgemeinschaften müsse da immer häufiger hinter der Verbesserung der gesellschaftspolitischen Machtposition zurück stehen, bedauert der Berater für interreligiösen Dialog bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.
Doch auch wenn der 60-Jährige leise seufzend von den "alltäglichen Mühseligkeiten des Dialogs" spricht, ist ihm die realitätsnahe Auseinandersetzung weit lieber als eine kritiklose Begegnung unter "Gutmenschen", wie er allzu naive Dialogfreunde nennt: "Harmonie liegt nicht in der Natur der Sache, sondern Harmonie muss man sich erarbeiten." Und in diesem Sinn sei auch das Jahr 2008 mit seinen harten Kontroversen um Moscheebauten und den Münsteraner Islamwissenschaftler Muhammad Sven Kalisch positiv gewesen.
Anne Françoise Weber (epd)
Begegnungsstelle Cibedo feiert Gründung - Weihbischof Jaschke im domradio
Arbeiten an der Harmonie
"Mit Klugheit und Liebe" sollten Katholiken Bekennern anderer Religionen begegnen, heißt es in der Erklärung "Nostra Aetate" des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965. Ebenso lautet das Motto der Christlich-islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle Cibedo, die heute ihr 30-jähriges Bestehen feiert. domradio sprach mit Weihbischof Hans-Jochen Jaschke.
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