Die zurückliegenden Jahre der Aufklärung in Deutschland des sexuellen Missbrauchs durch Priester hätten gezeigt, dass Kirche mit dieser Aufgabe weitestgehend überfordert sei, sagte Schmitz dem WDR5-"Morgenecho" am Samstag. Das derzeit große Problem sei: "Kirche ist Täterorganisation, sie ist Richter, sie ist Aufklärer, sie ist Anwalt für die Betroffenen. Alles zusammen geht einfach nicht." Der Staat müsse an dieser Stelle reagieren.
Ein unabhängiges Gutachten von Wissenschaftlern der Universität Münster hatte am vergangenen Montag mindestens 610 Missbrauchsopfer im Bistum Münster zwischen 1945 und 2020 offenbart. Die Kinder und Jugendlichen seien mehrheitlich zwischen zehn und 14 Jahre alt gewesen, ein Viertel von ihnen Mädchen, erklärte das fünfköpfige Wissenschaftlerteam. Die Studie geht von etwa 196 beschuldigten Klerikern aus. Die Dunkelziffer liege wahrscheinlich bis zu fünfmal höher, hieß es.
Grundsätzliche Problematik lösen
Schmitz kritisierte, dass der Staat zu lange eine Auseinandersetzung zwischen Tätern und Opfern zugelassen habe, die nicht auf Augenhöhe stattfinde. Bislang seien "der große Spieler Kirche" und eine "ganz kleine Gruppe wehrloser Betroffener" gegeneinander angetreten, "und der Staat hat am Spielfeldrand gestanden und zugeschaut". Die Ankündigung von Bischof Genn nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie, keinen eigenen Betroffenenbeirat einzurichten, sondern eine selbst organisierte, bistumsunabhängige Betroffenenbeteiligung, gehe zwar in die richtige Richtung, würdigte Schmitz. Dies löse aber die grundsätzliche Problematik nicht.
Schmitz kritisierte auch den Umgang des Bistums Münster und anderer Bistümer mit den Entschädigungszahlungen an Betroffene. Bist zu 50.000 Euro würden gezahlt. Betroffener erhielten allerdings keinen Einblick über die Begründung für die an sie ausgezahlte Summe.
Konsequenzen, aber kein Rücktritt
"Es wird nicht wirklich vergleichbar. Die Zahlungen fallen völlig unterschiedlich aus und sind in vielen Fällen nicht ausreichend, denn als Betroffener, der lange Zeit gesundheitlich eingeschränkt gewesen ist, der schweres Leid erfahren hat, da nehmen sich bis zu 50.000 Euro unglücklich aus, einfacher gesagt: als verletzend."
Nach Veröffentlichung einer Studie über sexuellen Missbrauch im Bistum Münster hatte Bischof Felix Genn am vergangenen Freitag Konsequenzen sowie Reformen angekündigt und Fehler eingeräumt. Einen Rücktritt schloss Genn allerdings aus. Er glaube nicht, dass er sexuellen Missbrauch vertuscht und die Interessen der Institution über die Sorge der Betroffenen gestellt habe. Seine verbleibende Amtszeit von etwa anderthalb Jahren wolle er noch Bischof bleiben.