Benediktinerin schreibt Logbuch über Kloster-Aufbau

"Der Rest ist Gottvertrauen"

Orden schließen, Klöstern fehlt es an Nachwuchs. Doch die Benediktinerin Emmanuela Kohlhaas und ihre fünf Mitschwestern bauen in Düsseldorf einfach ein neues auf. Die Erlebnisse und Herausforderungen hat sie aufgeschrieben.

Schwester Emmanuela Kohlhaas / © Alexander Foxius (DR)
Schwester Emmanuela Kohlhaas / © Alexander Foxius ( DR )

Hier geht es direkt zum Logbuch!

DOMRADIO.DE: Vor etwa drei Monaten sind Sie von Köln nach Angermund im Düsseldorfer Norden umgezogen. Was haben Sie als Pionier-Team in dieser Zeit alles durchlebt? Das ist ja kein normaler Umzug.

Sr. Emmanuela Kohlhaas OSB (Leiterin des neu entstandenen Klosters in Düsseldorf Angermund): Nein, das ist es nicht - weder von der Immobilie noch vom Inhalt her. Es geht in einem tieferen Sinne darum, das bisherige Leben an einen neuen Ort zu bringen, also auch das monastische Leben und einen spirituellen, geistlichen Ort hier entstehen zu lassen - wobei, es war vorher schon etwas hier - aber im benediktinischen Sinne richtig neu anzufangen.

Wir haben dabei alles erlebt: Vom Kisten packen, Chaos - gibt es immer noch, so etwa jeder zweite Raum ist noch längst nicht so weit, dass er wirklich gebrauchsfähig ist - über die Organisation der Tagesordnung: Wer kocht? Was findet wann statt? Bis hin zum Menschen-Kennenlernen, erste Begegnungen. Das freut uns sehr, dass ziemlich viele Menschen hierherkommen. Auf allen Ebenen sozusagen ein Neustart.

DOMRADIO.DE: Sie haben ganz schön anpacken müssen: Wanddurchbrüche, Teppich rausreißen usw. Wie viel mussten Sie an dem Haus verändern?

Durchbruch / © Sr. Emmanuela Kohlhaas (privat)
Durchbruch / © Sr. Emmanuela Kohlhaas ( privat )

Sr. Emmanuela: Da sind wir jetzt überhaupt erst am Sondieren. Es gab so ein paar Dinge, da wussten wir sofort: eine neue Brandwarnanlage muss rein. Da warten wir gerade auf die Rauchwarnmelder aus China. Bestimmte Dinge ließen sich mit einfachem Umräumen machen. Dann hat unser Schreiner schon einiges gemacht. Zum Beispiel hier überhaupt erst einmal eine Klausur für die Schwestern zu schaffen. Wenn man viele Gäste haben will, braucht man auch seinen Rückzugsraum.

Wir haben noch praktisch nichts angestrichen. Da hatten wir Glück. Das meiste ist Backstein, das ist relativ pflegeleicht. Aber wir sind zum Teil wirklich erst am Schauen. Im Moment ist es eine Zitterpartie mit der Heizung. Das Schätzchen ist 40 Jahre alt und man muss unbedingt eine Lösung finden.

Sr. Emmanuela Kohlhaas

 "Im Moment ist es eine Zitterpartie mit der Heizung. Das Schätzchen ist 40 Jahre alt und man muss unbedingt eine Lösung finden."

DOMRADIO.DE: Sie haben jeden Tag einen Brief an Ihre Kölner Mitschwestern geschrieben und Ihnen Fotos dazu geschickt. Ab heute kann man dann diese Entwicklungen online in Ihrem DOMRADIO.DE-Logbuch verfolgen. Kriegt man da einen realistischen Einblick?

Äpfel verarbeiten im Kloster Angermund / © Sr. Emmanuela Kohlhaas (privat)
Äpfel verarbeiten im Kloster Angermund / © Sr. Emmanuela Kohlhaas ( privat )

Sr. Emmanuela: Ich bin so etwa zehn Tage, nachdem wir hier waren, auf diese Idee gekommen. Unsere Schwestern müssen sich das ja vorstellen können. Wir sind, so nennen wir das, als "eine Gemeinschaft an zwei Orten" unterwegs und da will die Verbindung lebendig sein und bleiben. Jeden Tag haben die also ein paar Fotos und ein paar Sätze bekommen. Ich glaube schon, dass das insofern realistisch ist, als dass es in zum Teil auch bewusst humorvollen, kurzen Darstellungen die ganzen Erlebnisse hier im Alltag widerspigelt, von der Spinnenjagd - in vielen Räumen hatten die sich natürlich breitgemacht, über die Teppich-Rausreiß-Aktion über Kochversuche in der Küche, wo ich noch nicht weiß, wo der Löffel ist, bis hin zu den ersten großen Gebetserfahrungen - wir haben hier immer so regelmäßig einen Gebetstag oder Gottesdienste, erste Begegnungen... Ja, ich denke schon, dass es auf dieser Ebene sehr realistisch ist.

Anpacken ist angesagt / © Sr. Emmanuela Kohlhaas (privat)
Anpacken ist angesagt / © Sr. Emmanuela Kohlhaas ( privat )

DOMRADIO.DE: Das erste Mal feiern Sie dieses Jahr Weihnachten als Benediktinerinnen in Düsseldorf. Wie wird das aussehen?

Sr. Emmanuela: Völlig anders als gewohnt, weil wir gesagt haben, wir übernehmen das, was da war. Wir haben in Köln die meiste Zeit - bis auf die letzten Jahre der Corona-Zeit - die Christmette um 24 Uhr gefeiert. Hier werden wir um 18 Uhr schon anfangen, weil die Menschen das gewohnt sind und wir deshalb die Zeiten übernehmen. Und jetzt sind wir gerade dabei, ein bisschen zu erfinden. Wohin mit unseren Vigilien? Agape gibt es natürlich. Gewohnt wird sein - das habe ich auch in Köln gemacht - das wird jetzt eher für die Düsseldorfer neu: Ich werde Käsebrötchen für die Agape backen.

Und jetzt überlegen wir im Moment noch, wohin kommt welche Krippe. Noch haben wir gar nichts Richtiges. Kommt ein Tannenbaum? Wie verteilen wir die Liturgie. Also das ist sozusagen Erfindung auf allen Ebenen. Aber was uns sehr freut, wir merken - das war auch die letzten Wochen wachsend -, dass recht viele Menschen kommen und das motiviert natürlich.

DOMRADIO.DE: Aber es ist doch eher ungewöhnlich, in Zeiten wie diesen ein neues Kloster aufzubauen. Hatten Sie da zwischendurch auch Zweifel, ob das alles so hinhaut?

Sr. Emmanuela Kohlhaas

"Der Rest ist Gottvertrauen und Erfahrung."

Sr. Emmanuela: Ich muss gestehen, ich gehöre etwas zu den Menschen, die dazu neigen, einfach anzufangen. Was für mich eine ganz wichtige Grundlage ist: Erstens wir haben es uns nicht gesucht. Es ist von außen an uns herangetragen worden. Zweitens die Gemeinschaft hat in einem gründlichen Gesprächs- und Gebetsprozess sich ohne eine einzige Stimme dafür entschieden. Das ist eine ganz wichtige Basis. Der Rest ist Gottvertrauen und Erfahrung. Das ist ein großes Geschenk in dieser Zeit, die ja wahrlich nicht nur für die Kirche schwierig ist, zu versuchen, einen Aufbruch zu leben und auf diese Weise auch ohne Worte ein Zeichen der Hoffnung zu setzen.

Das Gespräch führte Carsten Döpp.

Hier geht es direkt zum Logbuch!

 

Quelle:
DR