Benediktinerpater sieht schwieriges Weihnachtsfest

"Sind besonders wachsam"

Der in Jerusalem lebende Benediktinerpater Nikodemus Schnabel bereitet sich in diesem Jahr auf ein schwieriges Weihnachtsfest im Heiligen Land vor. Für Christen im Land sei der Rechtsruck im Land immer stärker bemerkbar, so der Mönch.

Benediktinerpater Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht (KNA)
Benediktinerpater Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Es gebe nationalistisch-jüdische Kreise, "die ein ausschließlich jüdisches Jerusalem wollen und Christen und Muslime als Störenfriede empfinden". Gerade nach dem Schabbat, also dem Samstagabend, werde inzwischen oft Stimmung gegen die anderen Glaubensgruppen gemacht, sagte der Benediktiner im Interview dem Züricher Pressedienst kath.ch (Sonntag). "Mal werden wir beschimpft, mal bespuckt, mal wird randaliert. Da der Heilige Abend dieses Jahr auf einen Samstagabend fällt, sind wir besonders wachsam", so Schnabel.

Rechtsruck mache sich bemerkbar

Für die Christen im Land mache sich der Rechtsruck in Israel immer stärker bemerkbar, erklärte der Mönch. "Rechtsnationale Parteien behaupten, der jüdische Charakter Jerusalems sei in Gefahr." Liberale Stimmen hingegen seien verstummt. Das wirke sich auch auf die Bräuche zum Weihnachtsfest aus. "Ich habe dieses Jahr in Jerusalem keinen einzigen Christbaum gesehen - früher gab's einen am Jaffator. Das ist aber politisch nicht mehr erwünscht."

Erzbischof Pierbattista Pizzaballa (hinten Mitte), Lateinischer Patriarch von Jerusalem, bei der Prozession zum Krippenplatz vor der Geburtskirche am Heiligabend, dem 24. Dezember 2021 in Bethlehem. / © Andrea Krogmann (KNA)
Erzbischof Pierbattista Pizzaballa (hinten Mitte), Lateinischer Patriarch von Jerusalem, bei der Prozession zum Krippenplatz vor der Geburtskirche am Heiligabend, dem 24. Dezember 2021 in Bethlehem. / © Andrea Krogmann ( KNA )

Ähnlich hatte sich der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa geäußert. Auch er beklagte in seiner Predigt in der zentralen Christmette in der Bethlehemer Katharinenkirche einen Anstieg der Gewalt im Heiligen Land. "Wir sehen mit unseren Augen, dass Gewalt unsere Hauptsprache geworden zu sein scheint, unser hauptsächlicher Weg der Kommunikation", so der italienische Franziskaner in seiner Predigt. 

Die Gewalt nehme zu, insbesondere in der politischen Sprache, aber auch in Medien, sozialen Beziehungen, Schulen und Familien. Pizzaballa wiederholte seine Sorge über die gegenwärtige Politik in Israel, die die Gefahr berge, "das bereits fragile Gleichgewicht zwischen den verschiedenen religiösen und ethnischen Gemeinschaften zu brechen, die unsere Gesellschaft ausmachen".

Zudem habe 2022 einen "fürchterlichen Anstieg der Gewalt in palästinensischen Straßen mit einer Todesrate, die uns Jahrzehnte zurückwirft", gesehen, so der Patriarch. Dies sei ein Zeichen wachsender politischer Spannungen und Unruhe insbesondere unter jungen Menschen über eine immer weiter in die Ferne rückende Lösung des anhaltenden israelisch-palästinensischen Konflikts. Gleichzeitig scheine die palästinensische Frage nicht länger im Fokus der Welt zu stehen. "Dies ist ebenfalls eine Form von Gewalt, die das Gewissen von Millionen von Palästinensern verletzt", die zunehmen alleingelassen würden, so Pizzaballa.

Das Oberhaupt der lateinischen Katholiken im Heiligen Land beklagte einen Vertrauensverlust, der Gewalt zur einzigen Sprache mache. Als gläubige Christen Weihnachten zu feiern, bedeute auch, eine Gelegenheit für Gnade, Mitgefühl und Vergebung zu schaffen, zu fördern und selbst zu sein. "Frieden, den wir alle begehren, kommt nicht von selbst. Er wartet auf Männer und Frauen, die Gottes Wort in konkrete Handlungen zu übersetzen wissen", so Pizzaballa weiter. Der Glaube an Gott müsse das Vertrauen in die Menschheit erhalten und zu Gesten freier und echter Liebe führen.

Abbas: Siedlungspolitik gefährdet Christen

Auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat vor einem Schaden für die christliche Präsenz in der Region durch die israelische Besatzungspolitik gewarnt. Palästina stelle sich zu Weihnachten mit "dem Bekenntnis zu unseren nationalen Werten, der Standhaftigkeit in unserem Land und mit der Welt auf unserer Seite der Wahrheit und Gerechtigkeit", sagte der 87-Jährige in seiner diesjährigen Weihnachtsbotschaft.

Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas / © Majdi Mohammed (KNA)
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas / © Majdi Mohammed ( KNA )

Christen seien integraler Bestandteil der Region und des palästinensischen Volkes, deshalb werde man mit friedlichem Widerstand der israelischen Siedlungspolitik entgegentreten, die auf die christliche Präsenz abziele, so Abbas. Es gelte, das "Mosaik des religiösen Erbes" zu bewahren.

Er werde sich "allen rassistischen Maßnahmen entgegenstellen, die darauf abzielen, unsere nationale Identität, einschließlich unseres christlichen und muslimischen Erbes, auszulöschen", sagte Abbas wörtlich. Als Beispiele nannte er Angriffe auf die Al-Aksa-Moschee, die Grabeskirche sowie weitere christliche Einrichtungen.

Abbas forderte die internationale Gemeinschaft auf, ihre Verantwortung für den Schutz des palästinensischen Volkes zu
übernehmen und verwies auf "Hunderte von Menschen", die in diesem Jahr durch die israelische Besatzung getötet worden seien, darunter die Journalistin Schireen Abu Akleh. Sicherheit, Stabilität und Wohlstand für die Region könne nur erreicht werden, wenn die Palästinenser ihre "legitimen und längst überfälligen Rechte" wahrnehmen könnten, einschließlich des Endes der israelischen Besatzung und der Freiheit des Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt sowie eines Rechts auf Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge.

Lateinisches Patriarchat von Jerusalem

Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem betreut die rund 60.000 bis 70.000 römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über das Staatsgebiet von Israel, Jordanien, Zypern und die Palästinensischen Gebiete. Die Ursprünge des Patriarchats liegen in der Zeit der Kreuzfahrer, die sich als "Lateiner" bezeichneten. Es erlosch jedoch mit dem Fall Akkos 1291. Im Jahr 1847 belebte Papst Pius IX. das Patriarchat neu.

Blick auf Jerusalem / © Kyrylo Glivin (shutterstock)
Quelle:
KNA