Jeden Tag kämen im Warschauer Büro der Initiative "Stoppt Abtreibung" Hunderte weitere Umschläge mit Unterschriftenlisten an, sagte Kaja Godek von der Stiftung Leben und Familie der Zeitung "Nasz Dziennik".
Die Volksinitiative soll Ende November der Kanzlei des Unterhauses des Parlaments, des Sejm, übergeben werden. Die Anfang September begonnene Unterschriftensammlung endet den Angaben zufolge an diesem Montag. "Ich hoffe, dass die Zahl der Unterschriften die Politiker überzeugt, dass das Gesetz kranke Kinder genauso schützen sollte wie gesunde", so Godek.
In Polen sind Schwangerschaftsabbrüche bislang in drei Fällen erlaubt: wenn die Gesundheit der Frau gefährdet ist, wenn sie vergewaltigt wurde oder wenn eine irreversible schwere Schädigung des Fötus festgestellt wurde.
Unterstützung durch Bischofskonferenz
Polens katholische Bischöfe, die orthodoxe Kirche und Bürgerinitiativen unterstützen die Unterschriftensammlung für den Gesetzentwurf. "Jedes Kind hat das Recht zu leben, auch kranke Kinder", betonte der Bischofskonferenzvorsitzende Erzbischof Stanislaw Gadecki. Mindestens 100.000 Bürger müssen eine Volksinitiative unterschreiben, damit sich das Parlament mit ihr befassen muss.
Befürworter eines "Rechts auf Abtreibung" legten dem Parlament bereits Ende Oktober einen Gesetzwurf vor, der in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen Abtreibungen uneingeschränkt erlaubt. Eine von prominenten Frauen gegründete Initiative sammelt dafür nach eigenen Angaben mehr als 400.000 Unterschriften.
Missbrauch des Abtreibungsgesetzes
Ministerpräsidentin Beata Szydlo hat bereits angekündigt, dass sie im Parlament für ein Verbot "eugenischer Abtreibungen" stimmen werde. Auch Staatspräsident Andrzej Duda sprach sich jüngst dafür aus, das Gesetz zu verschärfen. Die bisherige Ausnahme im Abtreibungsgesetz für behinderte Föten werde "absolut missbraucht", sagte er.
Polens Verfassungsgericht muss demnächst über eine Klage von mehr als 100 Sejm-Abgeordneten gegen das bestehende Abtreibungsgesetz entscheiden. Die Abgeordneten fordern, die bisherige Erlaubnis zur Abtreibung unheilbar kranker Embryos für nichtig zu erklären.
2016 wurden in Polen laut Regierungsangaben 1.098 legale Schwangerschaftsabbrüche registriert. In 1.042 Fällen davon entschied sich demnach die Frau wegen des Ergebnisses der pränatalen Untersuchung zur Abtreibung.