Berliner Polizei sucht Besitzer einer Hostienschale

Wer kennt dieses Ziborium?

Die Polizei in Berlin sucht Hinweise zum Besitzer einer Hostienschale, die im letzten Jahr sichergestellt wurde. René Allonge berichtet über den Stand der Ermittlungen und erklärt, wie oft Gegenstände aus Kirchen gestohlen werden.

Symbolbild Ein Priester bricht bei einem Gottesdienst die Hostie / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Ein Priester bricht bei einem Gottesdienst die Hostie / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Um was für eine Hostienschale handelt es sich denn?

René Allonge (Leiter des Kommissariats für Kunstdelikte beim Landeskriminalamt Berlin): Bei dem Ziborium, das wir haben, handelt es sich um einen Kelch, wie er üblicherweise bei Abendmahlszeremonien verwendet wird, mit einem abnehmbaren Deckel. Es besteht aus einem circa 22 Zentimeter hohen Kelch und einem separaten Deckel.

Insgesamt ist das ganze Stück also circa 44 Zentimeter hoch. Das Ziborium besteht aus 800er Silber und wurde nachträglich vergoldet. Die Punzierung, also die Stempelung auf der Unterseite, deutet auf eine Herstellung nach 1888 hin.

DOMRADIO.DE: Wie wertvoll ist diese Schale?

Allonge: Das wissen wir als Ermittler leider jetzt noch nicht so genau. Dazu konnte uns noch niemand richtig Auskunft geben. Wir gehen aber davon aus, dass wir es hier durchaus mit einem sehr wertvollen Stück zu tun haben könnten.

DOMRADIO.DE: Wie sind Sie in dessen Besitz gekommen?

Allonge: Wir haben das Ziborium letztes Jahr am 20. Juli in Berlin im Rahmen einer Durchsuchung bei einem Verdächtigen gefunden. Die Umstände in der Wohnung erschienen uns damals verdächtig.

Das Ziborium war unsachgemäß verpackt, passte eigentlich auch überhaupt nicht zum sonstigen Inventar in der Wohnung und wir haben deshalb einen strafbaren Hintergrund angenommen und gehen davon aus, dass es vielleicht aus einem Diebstahl, aus einem Einbruch oder vielleicht aus einer anderen Stadt stammen könnte.

Abbildung des sichergestellten Ziboriums / © Polizei Berlin
Abbildung des sichergestellten Ziboriums / © Polizei Berlin

DOMRADIO.DE: Es ist jetzt schon eine Weile her, dass Sie diese Schale bekommen haben. Was haben Sie schon unternommen?

Allonge: Wir haben bislang hier intern ermittelt. Wir haben versucht, hier in Berlin und im Umland Geschädigte ausfindig zu machen. Wir haben Kontakt zu Kircheneinrichtungen aufgenommen und haben aber bis heute keine heiße Spur dazu gehabt.

Deshalb haben wir uns dann entschlossen, breiter in die Öffentlichkeit zu gehen, zu schauen, wer vielleicht ein solches Ziborium vermisst, wer uns Angaben zum Eigentümer machen kann. Das ist das Ziel der Öffentlichkeitsfahndung.

DOMRADIO.DE: Sie hoffen also, den Besitzer zu finden. Was passiert, wenn das nicht der Fall ist?

Allonge: Das wird letztendlich dann die Staatsanwaltschaft entscheiden. Üblicherweise müssen wir dann die Sachen an denjenigen herausgeben, bei dem wir es beschlagnahmt oder sichergestellt haben. Das wäre in diesem Fall unser Verdächtiger. Schon aus diesem Grundgedanken heraus sind wir natürlich bemüht, wirklich herauszufinden, ob wir das einer Straftat zuordnen können und dann an den rechtmäßigen Besitzer auch zurückgeben können.

René Allonge

"In manchen Fällen können wir sie auch finden, oft mit Hilfe aus der Bevölkerung."

DOMRADIO.DE: Wie oft kommt es denn vor, dass Sie geraubte Gegenstände aus Kirchen sicherstellen?

Allonge: Wir sind ja hier ein Fachkommissariat, das sich um das Thema Kunstkriminalität insbesondere kümmert. Da gehören natürlich Diebstähle aus Kirchen oder von Friedhöfen auch zum Spektrum unserer Ermittlungen. Es kommt jetzt nicht jeden Tag vor.

Aber wir haben durchaus schon mal Einbrüche in Kirchen, wo sakrale Gegenstände entwendet werden, die wir dann suchen. In manchen Fällen können wir sie auch finden, oft mit Hilfe aus der Bevölkerung. Und da hoffen wir jetzt auch in diesem Fall drauf.

DOMRADIO.DE: Ist es generell schwerer, rechtmäßige Besitzer zu ermitteln, wenn es zum Beispiel, dass eine Kirche kommt?

Allonge: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kirchen eigentlich sehr gut inventarisiert sind, also über ihre Bestände Bescheid wissen. Wir kriegen gerade wenn wir solche sakralen Dinge suchen oft gute Hinweise. Wir selber sind da ja auch nur Teil eines Systems, sind auf diese Informationszulieferung angewiesen. Aber aus meiner Erfahrung klappt das mit den Kirchen eigentlich immer sehr gut.

DOMRADIO.DE: Welcher Fall in Sachen Kirchenraub war denn mal besonders spektakulär?

René Allonge

"In erster Linie würden wir uns natürlich freuen, wenn jemand dieses Ziborium erkennt und uns einen Hinweis darauf geben kann, wer Eigentümer des Ziboriums ist."

Allonge: Der letzte, der mir noch so in Erinnerung ist, war der Einbruch in die Gedächtniskirche in Berlin, wo damals ein Täter Nachts eingebrochen ist, dort aus einer Vitrine kaiserliche Orden entwendet hat, die dort ausgestellt waren und uns dann später zum Ort geführt hat, in eine Parkanlage, wo er sie vergraben hatte. Das war dann eine erfolgreich aufgeklärte Tat für uns. Dann gibt es auch immer mal wieder andere Sachen, wo Täter etwas stehlen, wir sie dann bei manchmal anderen Dritten finden und dann zuordnen können und dann Anhaltspunkte darauf kriegen, wer sie gestohlen hat.

DOMRADIO.DE: Jetzt werden erst mal die Besitzer des Ziboriums, der Hostienschale gesucht. Wer kann, soll sich bei ihnen melden. Was heißt "sachdienliche Hinweise", über welche Informationen freuen Sie sich?

Allonge: In erster Linie würden wir uns natürlich freuen, wenn jemand dieses Ziborium erkennt und uns einen Hinweis darauf geben kann, wer Eigentümer des Ziboriums ist. Und dann werden wir im Rahmen der Ermittlungen schauen, ob sich diese Information bestätigen lässt. Im besten Fall führt es dazu, dass wir jemanden glücklich machen kann, der vielleicht schon lange nach seiner nach seinem Ziborium sucht, aber gar nicht weiß, dass wir hier in Berlin es bei uns haben.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR