Akkordeonklänge ertönen, Menschen singen gemeinsam ein jüdisches Lied. Neben einem katholischen und einem protestantischen Pfarrer stehen ein Imam und eine jüdische Kantorin. Versammelt haben sie sich am Freitag auf dem Alten Sankt-Matthäus-Friedhof in Berlin-Schöneberg. Sie sind gekommen, um eine Grabstätte für die Helferinnen und Helfer der Berliner Tafel einzuweihen.
"Das ist ein Grab für die Zukunft", erklärt Sabine Werth, die Vorsitzende des Tafel-Vereins, der über 130.000 bedürftige Einwohner der Hauptstadt mit Lebensmitteln versorgt. Auch die sie ehrenamtlich verteilen, sind oft alles andere als wohlhabend. Sie sollen auf dem Friedhof ihre letzte Ruhestätte haben können, anstatt "lieblos und anonym irgendwo am Stadtrand" beigesetzt zu werden.
"Sie liegen nicht hier, aber uns am Herzen"
Sechs Meter breit und fünf Meter lang: Der Boden der Grabstätte ist mit Zweigen bedeckt, vereinzelt liegen schon gelbe Rosen darauf. Im Hintergrund ist eine Tafel zu sehen. "Sie liegen nicht hier, aber uns am Herzen", steht darauf geschrieben. Darunter sind 15 Namen gelistet.
Es sind anderswo bestattete Unterstützerinnen und Unterstützer der Tafel, derer hier auch gedacht wird. Zu jedem und jeder von ihnen weiß Sabine Werth eine Geschichte. Sie spricht von Menschen ohne Obdach, die sie zum Zahnarzt begleitet hat, von langjährigen Mitarbeiterinnen, von dem früheren Notar des Vereins - und von Peter.
Peter hat über Jahre der Tafel stets an Weihnachten eine Karte geschrieben, wie die Vorsitzende erzählt. Dass er gestorben war, fiel nur auf, weil irgendwann kein Weihnachtsgruß mehr kam. Wo er nun ruht, konnte Werth jedoch nicht in Erfahrung bringen. Genau darum geht es ihr bei der neuen Grabstätte: Menschen, die keine Familie haben, eine würdevolle letzte Ruhestätte zu ermöglichen. Ein Ort, den Freunde oder Bekannte besuchen können, sei wichtig für die Trauerarbeit, so die Tafel-Vorsitzende.
Um die Lebenden sorgen
"Es ist ein Grab gegen das Vergessen", betont auch der evangelische Pfarrer Christian Zeiske bei der Einweihung. Es solle dazu mahnen, sich um die Lebenden zu sorgen. Diesem Gedanken schließt sich der katholische Jesuitenpater Manfred Hösl an. Die Grabstätte soll nach seinen Worten an diejenigen erinnern, die auf der Erde keine Wohnung hatten, aber nach seiner Hoffnung im Himmel ein Zuhause finden.
Den Imam Ender Cetin erinnert die Tafel ebenfalls daran, arme Menschen nicht aus den Augen zu verlieren. Die jüdische Kantorin Jalda Rebling versichert, dass die Liebe zu Gott - wie auch immer er genannt werde - alle Menschen verbinde. "Das ist das, was bleibt", betont sie.