Der frühere Ministerpräsident Bernhard Vogel ist tot. Der CDU-Politiker starb am Sonntag im Alter von 92 Jahren, wie die Thüringer Staatskanzlei auf Anfrage am Montag in Erfurt bestätigte. Vogel war der einzige, der zwei Bundesländer als Ministerpräsident führte. Fast ein Vierteljahrhundert war er Regierungschef in Rheinland-Pfalz (1976-1988) und danach in Thüringen (1992-2003) – so lange wie niemand sonst.
"Mit Bernhard Vogel verliert unser Land einen seiner bekanntesten und auch beliebtesten Politiker, zugleich einen leidenschaftlichen Kämpfer für die Demokratie", erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag. "Sein christlicher Glaube war ihm Kompass und Richtschnur für sein politisches Handeln, er verhalf ihm oft zu einem unabhängigen und eigenständigen Urteil."
Voigt: "Nie belehrend – aber immer klug"
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) würdigte den Verstorbenen als einen "Jahrhundertpolitiker" und ein "Urgestein der bundesdeutschen und in besonderem Maße der Thüringer Politik". Er sei jemand gewesen, der mit einem freundlichen Lächeln, mit scharfem Verstand und unerschütterlicher Überzeugung geführt habe, so Voigt.
"Sein Rat war nie laut, nie belehrend – aber immer klug." Vogel habe sich seinen jeweiligen Aufgaben zeitlebens mit Respekt und leidenschaftlicher Hingabe gewidmet und Thüringen nach der Wiedervereinigung Deutschlands maßgeblich mit aufgebaut. "Dabei ist er als wahrer Landesvater mit Herz und Verstand immer nahbar, authentisch und bescheiden geblieben. Sein besonnener Rat wird uns in Thüringen fehlen."
Die katholischen Thüringer Bischöfe würdigten Vogel als "Glücksfall" für den Freistaat und die Thüringer Bistümer, zu denen neben Erfurt auch Dresden-Meißen und Fulda gehören. Zur Wiederbegründung des Bistums Erfurt 1994 habe er von staatlicher Seite maßgeblich beigetragen, ebenso zur Gründung der Katholisch-Theologischen Fakultät an die Universität Erfurt. "Dies wäre ohne sein beherztes Engagement nicht möglich gewesen."
Schweitzer: "Mittler zwischen West und Ost"
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), erklärte in Mainz, Vogel habe sich "durch sein herausragendes Engagement um unser Land Rheinland-Pfalz, den Freistaat Thüringen und die Bundesrepublik Deutschland insgesamt verdient gemacht". Vogel sei "eine prägende Gestalt der politischen Geschichte Deutschlands und Mittler zwischen West und Ost" gewesen. Schweitzer nannte Vogel einen "aufrichtigen Politiker, der einen ganz eigenen Politikstil geprägt hat". Seine politische Arbeit sei von "Ausgleich, Mitte, Dialog und Kompromiss" geprägt gewesen. Zudem habe Vogel über einen "klaren christlich geprägten Kompass" verfügt.
Die Beisetzung finde im engsten Kreis in München statt, hieß es. Rheinland-Pfalz werde seiner in einem Trauerstaatsakt gedenken. Im Erfurter Dom soll ein Requiem stattfinden.
Bischof: Tiefgläubiger Mensch
Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann würdigte Vogel als engagierten Christen und Staatsmann, der Zeit seines Lebens der Kirche in besonderer Weise verbunden gewesen sei. "In vielen persönlichen Begegnungen durfte ich ihn als einen tiefgläubigen Menschen erleben, der mit wachem und kritischem Blick den Weg seiner Kirche leidenschaftlich mitverfolgte und mit ihr unerschütterlich verbunden war", so Wiesemann.
Seit Jahrzehnten wohnte Vogel in Speyer und engagierte sich etwa im Kuratorium der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer. Bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte stellte Vogel im Mai 2024 mit 91 Jahren in Speyer seine im Herder Verlag erschienene Autobiografie "Erst das Land: Mein Leben als Politiker in West und Ost" vor.
Mehr als vier Jahrzehnte gehörte der Bruder des früheren SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an. Dessen Präsident war er von 1972 bis 1976. Er war zudem Ehrenpräsident der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die er mehrfach leitete.
Lammert: "Klare Orientierung und Respekt"
Der aktuelle KAS-Vorsitzende Norbert Lammert würdigte Vogel: "Bernhard Vogel hat in Rheinland-Pfalz wie in Thüringen durch klare Orientierung und Respekt vor dem politischen Gegner ein Beispiel für demokratische Streitkultur gegeben und einen nachhaltigen Beitrag zum Zusammenwachsen unseres wiedervereinigten Landes geleistet."
Der gebürtige Göttinger studierte ab 1953 in Heidelberg und München Politische Wissenschaft, Geschichte, Soziologie und Volkswirtschaft. Nach einer wissenschaftlichen Tätigkeit in Heidelberg wurde Vogel 1963 Mitglied des Stadtrates der Neckarstadt. Von 1965 bis 1967 gehörte er dem Bundestag an.
1967 übernahm er das Amt des Kultusministers in Mainz, das er bis zur Wahl zum Ministerpräsidenten 1976 innehatte. Sein Rücktritt 1988 in einem CDU-internen Führungsstreit leitete den bis heute anhaltenden Machtverlust der Christdemokraten dort ein. Von 1992 bis 2003 war Vogel Ministerpräsident des Freistaats Thüringen. Der Junggeselle wohnte seit Jahrzehnten in Speyer, wo er Ehrenbürger war.
Hinweis der Redaktion: Der Artikel wird fortlaufend ergänzt, zuletzt am 03.03.2025 um 14:57 Uhr.