"Wir haben Ermittlungen wegen Sachbeschädigung eingeleitet", sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Marburg-Biedenkopf am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Auf dem Außengelände sei in einer Gartenhütte eine Scheibe eingeschlagen worden und in einer zweiten Hütte die Tür aufgebrochen worden. Der Schaden werde auf rund 800 Euro geschätzt. Der Tatzeitraum liege zwischen Freitagnachmittag und Montagmorgen. Ob die Tat im Zusammenhang mit dem Elternbrief stehe, sei unklar.
Keine Geschenke mehr zum Mutter- und Vatertag
Die Kindertagesstätte hatte einen Brief an die Eltern mit dem Hinweis verschickt, dass ihre Kinder zum Mutter- und Vatertag keine Geschenke mehr basteln würden. Die Kita wolle auf stereotype Geschenke wie "Blumen für die Mutter oder Werkzeug für den Vater" verzichten. Die Konstellation Mutter/Vater/Kind sei nicht mehr die Norm in heutigen Familien, hieß es in dem von "Bild" (Montagabend online) veröffentlichten Brief.
Die Polizeisprecherin sagte, der Elternbrief sei am Freitag bekannt gewesen, die Berichterstattung darüber habe erst in den vergangenen Tagen eingesetzt. Da der Tatzeitraum am Wochenende liege, sei unklar, ob Reaktionen in den Medien oder Sozialen Medien zu der Tat geführt haben könnten.
Zur Frage, ob es Beleidigungen oder Bedrohungen gegen Erzieherinnen gebe, sagte die Polizeisprecherin, bislang sei keine Strafanzeige gestellt worden. Ein Sprecher des Bistums Fulda sagte, es habe "zahlreiche emotionsgeladene Telefonate" gegeben. Am Donnerstag waren die Kindertagesstätte und ihre Leiterin nur per Anrufbeantworter erreichbar.
Bistum Fulda bedauert Irritationen
Das Bistum hatte "Irritationen und Missverständnisse" bedauert, die durch das Schreiben an die Eltern entstanden seien. Die Kita habe weiterhin ein katholisches Profil und werde sich für das christliche Familienbild einsetzen, das die Rolle von Vater und Mutter einbeziehe. Andere Lebensmodelle würden jedoch nicht ausgeschlossen.
Die Hessen-SPD erklärte, der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban habe auf Twitter die Kita "an den Pranger gestellt" und "zum Shitstorm-Ziel" gemacht. Kuban hatte getwittert: "Dem Wahnsinn sind keine Grenzen mehr gesetzt... Irgendwie find ich es ziemlich cool, wenn man Kindern beibringt seiner Mutter einfach mal Danke zu sagen für ihren Megaeinsatz Tag für Tag!"
Kritik am Parteikollegen
Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz kritisierte seinen Parteikollegen: "In kulturkämpferischem Eifer hatte @TilmanKuban auf Twitter die Kita kritisiert und ihre Anschrift mitgeteilt. Absolutes No Go", twitterte Polenz. Kuban hatte das Kita-Schreiben zunächst mit Kontaktdaten veröffentlicht, später aber geschwärzt, "zum Schutz der Kinder und der Einrichtung", wie er schrieb.
Doch laut "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag online) hatten zu dem Zeitpunkt bereits "einige große digitale Medien des ultrarechten Spektrums" den von Kuban veröffentlichten Brief und die Kontaktdaten der Einrichtung im Internet auffindbar gemacht.
Der ehemalige Berliner SPD-Politiker Christopher Lauer startete unterdessen eine Online-Petition, die Kuban zum Rücktritt auffordert.
"Wer kleinste Kinder zur Zielscheibe von Hass und Hetze macht, hat einfach einige ganz wesentliche Dinge nicht verstanden und definitiv den Schuss nicht gehört", heißt es in der Petition. Kuban solle sein Bundestagsmandat niederlegen. Der "Spiegel" (Donnerstag online) hatte zuerst darüber berichtet.
Kuban sagte der "Frankfurter Rundschau" nun: "Es geht nicht darum jemanden persönlich anzugreifen, denn auch Erzieherinnen und Erzieher machen einen tollen Job." Dass Kinder nicht mehr für ihre Eltern basteln sollen, halte er für "eine unglaubliche Entwicklung".