Gitter versperren das Hauptportals des Kölner Doms, Polizisten riegeln die Eingänge ab: Heiligabend wirkte zunächst alles andere als besinnlich. Doch die Gläubigen ließen sich durch den Verdacht einer Terrordrohung, der am Vorabend bekannt geworden war und für höchste Sicherheitsmaßnahmen sorgte, nicht davon abhalten, die Christmette zu besuchen.
Gründliche Kontrollen
"Wir möchten gerne mitfeiern. Wenn es danach geht, wo man sich überall in Gefahr bringt, braucht man nirgendwo mehr hinzugehen", sagte eine Frau aus den Niederlanden, die in der ersten Reihe vor den Absperrgittern wartete. Die Polizei hatte sie aufgestellt, um den Einlass kontrollieren zu können. Drinnen ging es für die Frauen nach links, die Herren nach rechts: Jeder musste Jacken und Taschen ablegen, anschließend tasteten die Polizisten den Körper ab.
Trotz der Gründlichkeit ging es schnell, weil die Polizei die Sicherheitsschleuse mit viel Personal bestimmt und freundlich bediente. Ein junger Ministrant durfte sein Mofa beispielsweise nicht wie gewohnt am Dom abstellen, sondern musste ihn woanders parken. Zum anderen waren die meisten Besucher der Bitte gefolgt, möglichst ohne Gepäck zu kommen.
Keine Sorgen
Entgegen aller Befürchtungen, dass die Menschen aus Angst fernbleiben würden, füllte sich der Dom schnell. Wer keinen Sitzplatz in den Bänken erhielt, setzte sich auf die Mauervorsprünge oder stellte sich in die Kathedrale. Von Sorgen war nichts zu spüren, als die Lichter im Altarraum und an den Weihnachtsbäumen eingeschaltet wurden und Chor und Bläser mit den Gottesdienstbesucher Weihnachtslieder anstimmten.
"Mein Bruder hat gesagt, nicht hierhin zu gehen wäre genau das, was die Terroristen wollen", erzählte ein Mann, der aus Lüdenscheid angereist war. Er fühlte sich nicht nur sicher, sondern empfand die Sicherheitsmaßnahmen sogar als übertrieben. "Ein paar Straßen weiter ist die Kirche schließlich auch unbewacht."
Mehrere Festnahmen
Doch die Polizei hatte offenbar ausreichend Hinweise, um einen derartigen Einsatz auszurufen. Nach dem Bekanntwerden möglicher Anschlagspläne ermittelt auch der Staatsschutz zu den Hintergründen des Verdachts. Details gaben die Ermittler bislang kaum bekannt - im Saarland und in Österreich soll es aber mehrere Festnahmen gegeben haben.
Weil die Gottesdienste dennoch stattfinden sollten, wurde der Dom am Samstag nach der Abendmesse geschlossen und rund fünf Stunden lang mit Spürhunden durchsucht. Danach blieb er versperrt und wurde erst am Sonntagnachmittag für eine Messe wieder geöffnet. Touristen mussten bis dahin draußen bleiben.
Vorsicht und keine Angst
Dass man nicht alle Kirchen in Köln und dem Umland sichern könne, das räumte auch eine Sprecherin der Kölner Polizei ein. "Aber wir sind sensibilisiert und mit vielen Kräften in der Stadt unterwegs. Wir machen es so sicher, wie nur möglich", sagte sie. Man sei auf die Mithilfe und die Achtsamkeit der Bürger angewiesen. "Wer etwas Verdächtiges beobachtet, sollte sofort die 110 wählen", so die Sprecherin.
NRW-Innenminister Herbert Reul ermutigte die Menschen zum Kirchenbesuch an den Weihnachtstagen. Natürlich sei "Vorsicht das Gebot der Stunde", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Doch Reul betonte: "Angst ist die Währung von Terroristen. Wir dürfen sie nicht zusätzlich aufwerten."
Lichtspur in die Welt tragen
Rainer Maria Kardinal Woelki dankte den Polizeikräften während der Christmette für ihren besonderen und unerwarteten Einsatz über Weihnachten am Kölner Dom. Es tue ihm von Herzen Leid, dass sie die Tage nicht mit ihren Familien verbringen könnten.
"Danke, dass es sie gibt. Danke für Ihren Dienst. Danke unseren Domschweizern und all den anderen, die in den ganzen Tagen im Vordergrund und im Hintergrund dafür Sorge getragen haben, dass wir heute hier in Sicherheit zusammen sein können", sagte der Erzbischof unter Applaus der Gottesdienstbesucher.
In seiner Predigt rief Woelki die Gläubigen dazu auf, das Kind in der Krippe zu erkennen und das damit verbundene Geschenk Gottes anzunehmen. Liebe werde nur mit Gegenlieber erwidert, sagte Woelki in der Christmette im Kölner Dom. Er bat darum, mit dem Licht der Weihnacht den Lebensweg zu einer Lichtspur werden zu lassen.