KNA: Frau Gobleder, was haben Sie gegen rote Rosen?
Maria Gobleder: Gar nichts. Aber nicht alle Menschen fühlen sich geliebt und geborgen, viele haben Sehnsucht oder Liebeskummer oder trauern um jemanden - sei es wegen einer beendeten Beziehung oder eines Todesfalls. Dieses Empfinden wird am Valentinstag besonders stark.
Denn überall sieht man dann glückliche Pärchen, überall Herzen, Blumen, Zweisamkeit. All dieser Liebesschmalz kann also ganz schön schmerzen. Den Betroffenen wollen wir mit unserem «Herzschmerz»-Gottesdienst Verständnis entgegenbringen und zeigen, dass sie nicht allein sind.
KNA: Wie läuft dieser Gottesdienst ab?
Gobleder: Es gibt spezielle Texte und Instrumentalstücke, die den Teilnehmern zeigen sollen, dass sie ernst genommen werden, dass sie aber auch Hoffnung haben dürfen - darauf, dass auch sie sich wieder über Glück im Herzen werden freuen können. Das den Gottesdienst durchziehende Symbol sind deshalb Seifenblasen.
KNA: Warum das?
Gobleder: Seifenblasen sind etwas Wunderschönes und zugleich etwas, das plötzlich zerplatzt - eben wie so mancher Herzenstraum. Aber denken Sie an Kinder: Die pusten einfach immer wieder neue Seifenblasen, nachdem welche kaputtgegangen sind. Diese Haltung, dass immer ein neuer Anfang möglich ist, möchten wir den Gottesdienstbesuchern mitgeben. Dazu bieten wir während der Feier verschiedene Stationen an, zu denen die Leute gehen können. Sie können sich zum Beispiel persönlich segnen lassen, um ein individuelles Gebet bitten oder in einer «Batterie-Ecke» aufschreiben, was ihnen wieder Energie geben könnte.
KNA: Eigentlich wollten Sie mit dem Gottesdienst auch ein "Museum der gebrochenen Herzen" eröffnen.
Gobleder: Ja, doch dieses Projekt mussten wir absagen. Wir hatten dafür um Leihgaben gebeten, also Dinge, von denen jemand sagt: Das ist mein Sinnbild für Herzschmerz. Leider haben wir nur zwei Ausstellungsstücke bekommen.
KNA: Was für welche?
Gobleder: Einmal ein Paar Stricksocken. Jemand hat sie im Gedenken an seine demente Mutter abgegeben, die zwar noch lebt, aber nicht mal mehr das kann, was sie einst am liebsten getan hat: stricken. Und das zweite Exponat habe ich selbst beigesteuert: ein Bild eines Freundes, der als Jugendlicher tödlich verunglückt ist.
KNA: Warum wohl sind nicht mehr Dinge abgegeben worden?
Gobleder: Ich glaube, dafür ist Kempten mit seinen gut 60.000 Einwohnern zu klein. Wahrscheinlich haben die Leute Sorge, dass jemand ihre Exponate wiedererkennen könnte, selbst wenn sie anonym ausgestellt würden. Herzschmerz, egal welcher Art, ist eben schon ein sehr intimes Thema.
KNA: Kann es nicht auch sein, dass es gar nicht so viele solcher potenziellen Exponate gibt? Schließlich ist doch zumindest Liebeskummer für manchen ein Anlass des Wegwerfens oder gar des Verbrennens.
Gobleder: Da ist was dran. Aber andere Menschen heben Dinge lieber auf. Das beweist das "Museum der zerbrochenen Beziehungen", das es seit einigen Jahren in Zagreb und mit einer Filiale auch in Los Angeles gibt und stetig wächst. Daran haben wir uns bei unserer Planung orientiert. Und auch, wenn aus unserem Museum nichts geworden ist: Die Idee dahinter finde ich immer noch schön. Denn erstens können dadurch Leute mit Herzschmerz sehen, dass andere Ähnliches erlebt haben. Und zweitens wird man die Relikte des Verflossenen los - aber nicht, indem man sie wegschmeißt, sondern dadurch, dass man ihnen einen neuen Nutzen schenkt.
Das Interview führte Christopher Beschnitt.