Politiker aller Parteien haben den gestorbenen SPD-Politiker Thomas Oppermann als großen und engagierten Sozialdemokraten gewürdigt. Der Bundestagsvizepräsident war am Sonntagabend vor einem geplanten TV-Interview mit dem ZDF zusammengebrochen und in die Uniklinik Göttingen gebracht worden, wo er nach Angaben der Partei im Laufe des Abends starb. Oppermann wurde 66 Jahre alt. Er hinterlässt vier Kinder und seine Lebensgefährtin.
Vollblut-Parlamentarier
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zeigte sich betroffen über den plötzlichen Tod Oppermanns, der erst im August angekündigt hatte, bei der kommenden Bundestagswahl nicht erneut kandidieren zu wollen. "Ich behalte ihn vor allem als Vollblut-Parlamentarier in Erinnerung. 30 Jahre gehörte Thomas Oppermann deutschen Parlamenten an, davon 15 Jahre dem Deutschen Bundestag", schrieb Schäuble in seinen Kondolenzworten. Er sei ein "besonnener Kollege von hohem juristischen Sachverstand und großer politischer Erfahrung" gewesen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Oppermann als "verlässlichen und fairen sozialdemokratischen Partner in Großen Koalitionen", der sich zuletzt in turbulenten Zeiten um das Parlament verdient gemacht habe.
"Wir trauern um einen kämpferischen Demokraten, langjährigen Bundestagsabgeordneten und geschätzten Genossen", erklärte der SPD-Bundesvorstand auf Twitter. "Seine beherzte und zupackende Art machte ihn zu einem außergewöhnlichen Politiker, der immer mit großer Verantwortlichkeit gehandelt hat", würdigte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, den Verstorbenen.
Prägender Kopf der Partei
Oppermann gehörte zu den prägenden Köpfen seiner Partei. Von 2013 bis September 2017 war er Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag. Im Oktober desselben Jahres übernahm er die Vizepräsidentschaft des Deutschen Bundestags.
Zu seinem ehrenamtlichen Engagement gehörte der Vorsitz der Ethik-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Hier äußerte er sich im Sommer kritisch zu hohen Spielergehältern und Ablösesummen. "Dem Profifußball würde ein bisschen mehr Demut gut zu Gesicht stehen", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die in Göttingen ansässige Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erklärte, als Vizepräsident des Bundestages habe Oppermann viele verfolgte Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten aus dem Nahen Osten empfangen.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, gedachte Oppermanns als "unerschütterlichen Freund und Unterstützer des jüdischen Lebens in Deutschland".
Der Protestant setzte sich wiederholt mit dem Verhältnis von Staat und Kirche auseinander. "Staat und Gesellschaft wären schlecht beraten, wenn sie auf die Ressourcen verzichten würden, die ihre Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Religion und Weltanschauung in die demokratische Gesellschaft einbringen", so der Politiker 2016. Und weiter: "Die Kirche darf und soll sich einmischen."