Fragen der Missbrauchs-Aufarbeitung und Anerkennung gerieten zunehmend in den Hintergrund, sagte Norpoth auf einem Online Pressegespräch vor Beginn der vierten Synodalversammlung des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg am Donnerstag in Frankfurt am Main.
Bis heute hätten die Bischöfe kein für die Opfer befriedigendes System zur Anerkennung des Leids installiert, kritisierte Norpoth. Gespräche zwischen dem Betroffenenbeirat und der Bischofskonferenz seien im Augenblick auf Eis gelegt. Er stelle zwar fest, dass mit viel Arbeit und Engagement diskutiert werde, wie die katholische Kirche in Zukunft zu einem sicheren Ort gemacht werden könne.
Doch es gebe kaum Bemühungen, sich mit dem Thema Aufarbeitung und Anerkennung auseinanderzusetzen, sagte Norpoth. Die sicherlich in den kommenden Monaten auf die Bistümer zurollende Klagewelle sei schlicht Ausdruck einer massiven Unzufriedenheit der Betroffenen.
Beschuldigter bereits verstorben
Derzeit ist eine Zivilklage eines Betroffenen beim Landgericht Köln anhängig, der vom Erzbistum Köln 800.000 Euro Schmerzensgeld fordert. Der Fall ist ungewöhnlich, da der beschuldigte Geistliche bereits tot ist und die Taten aus juristischer Sicht eigentlich verjährt sind. Dass eine Klage dennoch möglich ist, begründet der Anwalt des Klägers mit der sogenannten Amtshaftung der Kirche als öffentlich-rechtliche Institution. Dies muss nun juristisch geklärt werden.
Norpoth betonte die Notwendigkeit weiterer Bemühungen für die Aufarbeitung des Missbrauchskandals, nachdem neue Vorwürfe gegen den früheren Bischof und Geschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Emil Stehle, bekannt geworden waren. Stehle, der 2017 starb, soll Priestern, denen Strafverfolgung in Deutschland drohte, geholfen haben, in Lateinamerika unterzutauchen. Norpoth sagte, der Fall zeige, dass die katholische Kirche damit zum "Ort organisierter Kriminalität" geworden sei.