domradio.de: "Am Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich. Von Anfang an war es bei Gott. Alles wurde durch das Wort geschaffen; und ohne das Wort ist nichts entstanden." Das war ein Zitat aus dem Johannes-Evangelium. Was haben Sie denn getan, um solche und andere Bibelstellen verständlicher zu machen?
Dieter Bauer (Projektleiter Katholisches Bibelwerk): Da muss man vielleicht wissen, dass hinter der leichten Sprache ein ganzes Regelwerk steht. Wie man schwere Sprache einfacher bekommt, dazu gehört zum Beispiel, dass Einleitungen extra formuliert werden. Bei diesem Hymnus aus dem Johannes-Evangelium würde vorne eine Einleitung stehen. Da steht dann in etwa: Ein Mann hat ein Gedicht geschrieben. Das Gedicht ist schwer zu verstehen, aber es ist ein sehr schönes Gedicht. Das Gedicht steht in der Bibel, das Gedicht geht so... Danach werden schwere Begriffe in den Sätzen erklärt. Bei einem Gedicht ist es sicher das schwierigste, was es überhaupt gibt. Das ist ja noch verdichteter als andere Sprache auch.
domradio.de: Die leichte Sprache ist ja ein fest stehender Begriff, mit einem Regelkatalog dahinter, nicht zu verwechseln etwa mit Kinderbibeln oder zeitgemäßen Übersetzungen. Was genau ist der Unterschied zur leichten Sprache?
Bauer: Die leichte Sprache ist speziell entwickelt worden für Menschen mit Lernbehinderung. Sie ist von Praktikern entwickelt worden. Die Übersetzungstheorie zur leichten Sprache wird eher erst formuliert. Die Regeln, die sich bewährt haben, sind klar aufgeschrieben, dass kann man lernen. Da gibt es Kurse. Da ist sehr viel Erfahrung schon mit eingeflossen.
domradio.de: Ich kann mir vorstellen, dass die Bibel in leichter Sprache auch andere reizt mal hineinzuschauen und zu gucken, ob sie den ein oder anderen Passus besser verstehen als in der Vergangenheit?
Bauer: Das ist ganz klar so und das ist für manche auch das Problem. Sie sagen, da wird die Bibel oder die Theologie sehr vereinfacht und da bleibt nicht mehr viel übrig davon. Ich denke, unsere Zielgruppe sind Menschen, die schwer deutsch verstehen - aus welchen Gründen auch immer. Das geht wirklich von Demenzkranken über Menschen mit Lernbehinderung, auch Migranten, die erst Deutsch lernen und im Sonderschulbereich werden solche Texte eingesetzt. Also kompliziert wird es immer von alleine. Was wir machen, ist etwas vereinfachen.
domradio.de: Wie kann ich mir diesen Übersetzungsprozess denn vorstellen? Gibt es auch Stellen, vor denen Sie kapitulieren müssen?
Bauer: Wir kapitulieren selber auch immer wieder und zwar, weil die Bibel ein Buch ist, das zur Weltliteratur gehört. Gute Literatur lebt davon, dass es offene Texte sind. Auch bei der Bibel ist nicht immer ganz klar, was jetzt gemeint ist, da gibt es lange Diskussionen darüber, sehr verschiedene Möglichkeiten, wie man den Text verstehen kann.
In leichter Sprache muss ich mich entscheiden: Das bedeutet das oder das bedeutet das. Dann können Sie sich vorstellen, dass das auch theologisch heiße Diskussionen gibt. So wie jede Bibelübersetzung immer Diskussionen hervorruft, ist es bei leichter Sprache natürlich noch klarer, dass es eine Vereindeutigung in manchen Bereichen schafft, die vielleicht gar nicht so eindeutig sind.
domradio.de: Wie steht es um die Erprobung dieses Projekts? Sie werden bestimmt nicht die ganze Bibel übersetzen, um dann erst am Ende vielleicht zu merken, dass es nicht funktioniert?
Bauer: Nein, das würde wahrscheinlich auch gar keinen Sinn machen, die ganze Bibel zu übersetzen. Wir haben eine ganz klare Zielgruppe und wir haben ganz klare Bereiche, in denen wir arbeiten. Wir haben die Evangelien des jeweiligen Sonntags im Blick. Die Texte werden für den gottesdienstlichen Gebrauch übersetzt und wir übersetzen für Menschen mit Lernbehinderung. Man müsste eigentlich von übertragen sprechen. Übersetzung ist viel zu eng. Wenn der Text übertragen ist, dann ist er immer noch ein Text, der von den Leuten, die ihn dann im Gottesdienst gebrauchen, auch nochmal angepasst werden muss. Das ist nie ein Endtext, da kommt zwar ein Label "leichte Sprache" darauf, aber je nachdem, wen ich vor mir habe, weiß ich, für den ist es immer noch zu schwer oder da kann ich mehr zumuten. Wir geben die Texte ins Netz, aber die dürfen natürlich weiter angepasst werden und für die jeweilige Zielgruppe verwendet werden.
Das Interview führte Daniel Hauser.